Hazel Rosenstrauch

Wahlverwandt und ebenbürtig

Caroline und Wilhelm von Humboldt
Cover: Wahlverwandt und ebenbürtig
Die Andere Bibliothek/Eichborn, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783821862071
Gebunden, 334 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Verdanken wir das Ideal einer humanistischen Erziehung dem Alltag einer außergewöhnlichen Beziehung? Wilhelm von Humboldt: der große Reformer unseres Bildungswesens, der Diplomat, der Ästhet, der dem Wesen der Antike auf der Spur war, der Sprach-Philosoph, der Goethe- und Schiller-Freund. Seine Persönlichkeit ist nicht denkbar ohne seine Frau, Caroline von Dacheröden, Mutter seiner fünf Kinder, in den Hauptstädten Europas zu Hause: eine Partnerin, die ihm an Weltneugier, Bildung, Kunstsinn und an tätiger Humanität ebenbürtig war. Die beiden verband keine allzu leidenschaftliche Beziehung, doch eine Liebe "auf gleicher Höhe". Anhand unzähliger Briefe, die sich die beiden über Jahrzehnte geschrieben haben, zeichnet Hazel Rosenstrauch mit kritischer Sympathie das Bild einer selbstbewussten Frau, deren Begriff von Liebe und Partnerschaft weit in die Moderne vorauswies, und das ihres Gefährten, der - an ihrem freien Wesen gewachsen - zu einem der großen liberalen Geister unserer Geschichte wurde.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.10.2009

Judith von Sternburg hat diese Ehebiografie von Caroline und Wilhelm von Humboldt aus der Feder von Hazel Rosenstrauch ausgesprochen gern gelesen und fand darin "praktisch alles interessant", wie sie frohlockt. Besonders lobenswert erscheint ihr die Fähigkeit der Autorin, das Ehepaar ganz lebendig werden zu lassen, ohne es aus der Zeit zu reißen. Bei Rosenstrauch wird nicht nur deutlich, dass sich die Ehepartner auf Augenhöhe begegneten, die Beziehung gewinnt auch als "individueller Glücksfall" Kontur, so Sternburg. Aus ihrer Sympathie insbesondere zu Wilhelm von Humboldt mache die Autorin keinen Hehl, bewahre aber stets die angemessene kritische Distanz, hebt die Rezensentin angetan hervor. Lediglich den zunehmenden Antisemitismus, den vor allem Caroline an den Tag legte, sieht Sternburg etwas allzu "pflichtschuldig" abgehandelt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.08.2009

Ein schönes Buch hat Hazel Rosenstrauch mit ihre Doppelbiografie von Caroline und Wilhelm von Humboldt geschrieben, daran lässt Rezensent Thomas Meissner keinen Zweifel. Dabei legt es Rosenstrauch durchaus auf die Zertrümmerung von Mythen an, aber sie tut es mit soviel Respekt und Sympathie für das Ehepaar Humboldt, dass sich Meißner dies gern gefallen lässt. Wilhelm von Humboldt begegnet ihm hier als Mann, der eigentlich nur kurze Zeit bis zu seiner Heirat im preußischen Staatsdienst gestanden hat und sich danach mit einem Aufwand der privaten Bildung verschrieben hat, der durch den Ertrag nicht unbedingt gerechtfertigt sei, wie Meissner andeutet. Caroline von Humboldt erlebt er in Rosenstrauchs Darstellung zwar als sehr moderne, eigenständige Frau, die ihren eigenen Kreis unterhielt und trotz acht Schwangerschaften halb Europa durchreiste. Allerdings auch als eifernde Patriotin und recht unsympathische Antisemitin. Unbedingt als Kompliment verstehen möchte Meissner, dass Rosenstrauch bei ihm eine Neugier auf dieses Traumpaar des 19, Jahrhunderts geweckt hat, die sie nicht befriedigen konnte.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.06.2009

Begeistert ist Elisabeth von Thadden von dieser Doppelbiografie, mit dem die Berliner Kulturwissenschaftlerin Hazel Rosenstrauch dem modernen Ehepaar Caroline und Wilhelm von Humboldt ein Denkmal setzt. Der Rezensentin begegnete dabei einem Paar, das  - finanziell und geistig unabhängig - vor allem "hellwach am Leben" war, wie Thadden staunt, und zwar "geistig, sexuell, politisch, sozial, wissenschaftlich". Sie reisten, "angstlos", mit all ihren Kindern auf dem Pferd in Europas entlegenste Regionen, forschten und erkundeten, wie sich Vernunft und Sinnlichkeit miteinander in Einklang bringen ließen, wie sich ein Leben gestalten lässt, in dem Freiheit und Gleichheit verwirklicht werden. Zur Kindeserziehung werden Frösche seziert, Pindars Oden gelernt und Zigeunerlager besucht. Dass dieses höchst politische Buch nicht geistreich geschrieben sei, sondern zudem auch großartig gestaltet, freut die Rezensentin besonders, die es als "Buch über die Liebe, das den Sinn für geistige und politische Reisefreiheit weckt", allen empfiehlt, "die nicht dauernd bloß lesen".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.06.2009

Geradezu ins Schwärmen gerät der Rezensent Gustav Seibt in seiner Beschreibung der überaus modernen, Seitensprünge von beiden und Bordellgänge Wilhelms souverän überlebenden Ehe zwischen Wilhelm Humboldt und seiner Frau Caroline. Fast nicht fasslich findet es Seibt, was dieses Paar so alles geleistet hat: Wilhelm in diplomatischen Diensten, nebenbei Aischylos übersetzend, Sprachtheorien verfassend. Caroline und die sechs Kinder mit dabei, wenn es über den Brenner nach Süden geht. Gereist nämlich wird aus kosmopolitischer Neugier immerzu, was unter den damaligen Bedingungen, so Seibt, alles andere als ein Zuckerschlecken gewesen sein dürfte. Ein Schatten fällt dann aber doch: die beiden entdecken nach Napoleons Niederlage ihre "Deutschheit", was bei Caroline eine sehr unangenehme antisemitische Wendung nimmt. Das ändert nichts daran, dass der Rezensent von diesem Porträt der beiden begeistert ist.
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