Georges Didi-Huberman

Das Nachleben der Bilder

Kunstgeschichte und Phantomzeit nach Aby Warburg
Cover: Das Nachleben der Bilder
Suhrkamp Verlag, Berlin 2010
ISBN 9783518585535
Gebunden, 646 Seiten, 44,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Michael Bischoff. Wie kann man ein Bild verstehen? Indem man die Erinnerung und das Gedächtnis befragt, die in einem Bild am Werk sind, das "Nachleben", so die Antwort Georges Didi-Hubermans. Im Anschluss an diesen aus seiner Sicht zu Unrecht aufgegebenen Begriff Aby Warburgs nähert sich Didi-Huberman dem Phantomcharakter der Bilder, ihrer Fähigkeit zu spukhafter Wiederkehr. Aby Warburg hat das "Nachleben" der Bilder als erster zum zentralen Motiv seiner anthropologischen Erforschung der westlichen Kunst gemacht. In seiner meisterhaften Studie untersucht Didi-Huberman dieses Motiv im Hinblick auf seine Logik, seine Quellen und seine philosophischen Hintergrundannahmen. Indem er Warburg mit Jacob Burckhardt, Friedrich Nietzsche und Sigmund Freud ins Gespräch bringt, wirft er einen faszinierenden Blick auf das paradoxe Leben der Bilder zwischen Zeitgebundenheit und Ewigkeit.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.02.2011

Uff, was ein Spiegelspiel. Rezensent Michael Mayer blickt da allerdings durch, wie es aussieht. Wenn Georges Didi-Huberman (nun auch auf Deutsch) Aby Warburgs jeglichen Traditionszusammenhang in der Ikonologie bestreitendes Denken auf dieses selbst anwendet, staunt Mayer nicht schlecht: Das Nachleben der Bilder verdoppelt sich, äh, im Nachleben Warburgs. Der wiederum ist nicht zu fassen, wie Mayer glücklich erklärt. Und genau das wiederum ist für ihn der Verdienst des Autors und dieses Buches, weil es nicht zuletzt Warburg selbst und seine Arbeit aus der Fälscher- und Retuschierwerkstatt der Geschichte befreit.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.01.2011

Zugleich als Phantom und als Fixstern schildert Mario Scalla Aby Warburg, als festen Orientierungspunkt im Zeitalter des "Iconic Turn", weil Warburg die Kunstgeschichte als erster aus ihrem engen akademischen Fokus und in den der Kulturgeschichte rückte, und als schwer zu greifen, weil Warburgs Werk nicht gerade übersichtlich und systematisch geordnet vor den Augen der Nachwelt liegt. In diesem Kontext liefert Georges Didi-Huberman laut Scalla trotz manch französischen Wortgeklingels (und der bei ihm stets noch sprießenden Rhizome) eine grundsolide Aufräumarbeit. Besonders gelungen ist für Scalla offenbar, wie Didi-Huberman einige der zentralen Begriffe Warburgs wie "Nachleben", "Dynamogramm", "Einfühlung", "Pathosformel" und das "bewegte Beiwerk" auffaltet. Was Scalla allenfalls ein wenig fehlt, ist eine Rekonstruktion des deutschen kulturhistorischen Hintergrunds, aus dem Warburg hervortrat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.10.2010

Als legitimen Erben Warburgs begreift Wolfgang Kemp den französischen Autor und seine Arbeit. Wenn also Georges Didi-Huberman ein neues Buch herausbringt, greift er zu, aller Übersättigung zum Thema Warburg zum Trotz. Schön für Kemp schon mal der klar ins Deutsche übertragene gänzlich unverschlossene Stil des Autors. Dass der Band um Warburgs zentrales Forschungsgebiet und seine Methodik kreist, um das Nachleben antiker Bilder und kultureller Phänomene in der Renaissance, findet der Rezensent nur folgerichtig. Wie der Autor vergleichend Burckhardt, Nietzsche, Freud zitiert und Freunde der Motivwanderung abstraft, um dem Nachleben als einem durch die Zeit wirbelnden Phantom zu huldigen, anerkennt Kemp als kongeniale Umsetzung Warburg'scher Denkbewegungen im Namen und im Stil des Urhebers. Einziger Wermutsstropfen für den Rezensenten: Der Band, im Original bereits 2002 erschienen, konnte die neuen Bände der Warburg-Gesamtausgabe nicht mehr berücksichtigen. Grundlage für den Autor ist also ein "schmaler, erratisch übermittelter Schriftenkanon".
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