Amitav Ghosh

Das mohnrote Meer

Roman
Cover: Das mohnrote Meer
Karl Blessing Verlag, München 2008
ISBN 9783896673596
Gebunden, 619 Seiten, 21,95 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Barbara Heller und Rudolf Hermstein. 1838: Am Oberlauf des Ganges schuften die Menschen für die britische Opiumindustrie. Verfolgung, Intrigen und Not vereinen eine Gruppe von Flüchtlingen als Schicksalsgemeinschaft auf der "Ibis", einem ehemaligen Sklavenschiff. Die "Ibis" ist Hoffnung und Strafe, Zukunft und Endstation zugleich. Und hinter der Mündung des Ganges wartet die Ungewissheit.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.02.2009

Als "historisches Epos über den Kolonialismus" und "Abenteuer- und Seeroman" hat Rezensentin Claudia Wenner Amitav Ghoshs neues Buch in vollen Zügen genossen, das, wie sie schreibt, der erste Teil einer Trilogie ist. Wie auch schon in früheren Büchern habe sich der Autor ausgiebig mit historischen Quellen befasst und seine Funde mit großer Könnerschaft in eine "handlungsreiche, spannende" und präzise erfundene Geschichte über die Bedeutung des Opiumshandels für das Britische Empire und Indien überführt, aus der die Rezensentin viel erfahren hat, ohne sich je belehrt zu fühlen: über Opiumanbau, Opiumsucht und die Opiumverarbeitung in der streng bewachten Fabrik, über die Rechtsprechung der Kolonialherren, Gefängnisse und koloniale Ideologie, das von Misogynie und Kastenwesen geprägte Leben in den Dörfern. Mit Genuss legt sie sich in die Kurve jedes Spannungsbogens und freut sich auch ausdrücklich am filmreifen Showdown des Romans. Ein Wermutstropfen ist die deutsche Übersetzung, die notgedrungen Ghoshs ambitionierte Rekonstruktion des Angloindischen und des "polyglotten Universums" der Jahre um 1838 (in denen der Roman spielt) weggelassen hat. Denn dadurch sei die Lektüre der deutschen Fassung etwas eindimensionaler als die des Originals.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.09.2008

Enttäuscht hat Rezensentin Katharina Granzin Amitav Ghoshs neuen Roman wieder zugeklappt, der ihren Informationen zufolge 1838 in Bengalen kurz vor Ausbruch des ersten Opiumskrieges spielt und die Geschichte einer jungen Bäuerin erzählt, die im Auftrag der Engländer Mohn anpflanzt. "Was für ein Thema!", ruft sie angesichts der bestürzenden Geschichte der jungen Diti aus und bedauert, das Ghosh diesmal nicht in Form gewesen ist und die Kraft seines Sujets selbst wohl gar nicht erkannt habe. Statt seiner Geschichte und seinem Talent zum breit angelegten Historienepos zu folgen, verzettele er sich in Details und Nebenfiguren. Zwar findet Granzin hier im einzelnen immer wieder Interessantes, hält das Buch wegen seiner ausgewogenen dramaturgischen Mischung aus Liebe, Gewalt, Fluchtszenen, lustigen Dialogen und Happy End auch durchaus für hollywoodtauglich, als Roman jedoch insgesamt für gescheitert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.08.2008

Nicht weniger als der erste Teil einer monumental geplanten Trilogie ist dieser selbst schon recht umfangreiche Roman, erklärt der Rezensent Martin Kämpchen. Angesiedelt ist er im Indien des Jahrs 1830. Die britische East India Company hat das kolonialisierte Indien fest im Griff und verdient Unsummen mit dem Verkauf von in Indien produziertem Opium nach China. In dieser Situation fährt ein Schiff nach Mauritius und die darauf Reisenden - und manchen mehr - nimmt Goshs Roman mit an Bord. Die ersten zwei Teile spielen zu Lande und entwickeln mit sehr - und vielleicht manchmal, meint der Rezensent: zu - ausführlichen realistischen Details einen Kosmos und darin ein Beziehungsgeflecht von rund einem Dutzend Personen, vom Großgrundbesitzer zur Witwe eines Vertragsarbeiters. Auf dem Schiff selbst - dort spielt der dritte Teil - gelten einerseits die hierarchischen Regeln der Gesellschaft nicht mehr; dennoch werden hier auf "dramatische, ja, blutrünstige Weise" Knoten geschürzt. Kämpchen ist sichtlich beeindruckt, macht aber auch klar, dass die Lektüre manchmal ein hartes Stück Arbeit ist.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.08.2008

Turbulent geht es in diesem neuen großen Epos von Amitav Ghosh zu, berichtet Rezensentin Susanne Mayer nicht unbeeindruckt. Ein Roman voller Geschichten und Geschichte, der in die Vergangenheit und Gesellschaft Indiens führt und in dem alle Genres aufeinander treffen, wie Mayer bemerkt: Tragödie, Slapstick und viel Historisches kulminierten in einem "fulminanten Schmöker" über indischen Kasten-Dogmatismus, die britische Kolonialherrschaft und soziale Missstände. Mehr unterhalten als belehrt fühlt sich die Rezensentin angesichts dieses mit Verve geschriebenen Buchs, das als Vorlage für einen Bollywoodfilm herhalten könne, so temporeich, dramatisch und "herzzerreißend" seien die Szenen in Goshs weitverzweigter Handlung, so Mayer. Dennoch dürfe man die Bedeutung des politischen Autors Amitav Ghosh nicht unterschätzen, gibt sie zu bedenken, allerdings sei dessen überbordender Stil etwas gewöhnungsbedürftig.