Peter Stamm

An einem Tag wie diesem

Roman
Cover: An einem Tag wie diesem
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006
ISBN 9783100751256
Gebunden, 205 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

An einem Tag wie diesem ändert Andreas sein Leben. Ihn packt eine Sehnsucht, die zwischen Heimweh und Fernweh nicht mehr unterscheidet. Er wirft alles hin, verkauft seine Wohnung und kündigt seine Stelle in Paris, um nach einem halben Leben zu der Frau zurückzukehren, die er einmal geliebt hat. Die Gleichheit der Tage war sein einziger Halt, jetzt hofft er auf ein Wunder und darauf, dass alles neu beginnt. Seine Reise führt ihn in die Provinz seiner Jugend und wieder weg bis ans Ufer des Atlantiks, in die Arme einer Frau, deren Liebe er beinah verspielt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.08.2006

Peter Stamms Roman "An einem Tag wie diesem" erscheint für Gustav Seibt nicht besonders anspruchsvoll. Er hält die Geschichte vom Schürzenjäger Andreas, der sein oberflächliches Dasein nicht mehr erträgt und in Delphine das erste Mal eine Frau gefunden hat, mit der er nicht mehr nur die Laken teilen möchte, eher für leichte Kost gegen die Langeweile. Zwar sei der Autor sprachlich ambitioniert, allerdings fehle es dem Roman an Originalität und Spannung. Der Protagonist Andreas erinnert Seibt an einen "trivialisierten Camus-Helden", die Geschichte selbst an eine Rosamunde-Pilcher-Story. Positiv vermerkt er, dass der Autor im zweiten Teil seines Romans ein wenig "erzählerische Selbstironie" beweist.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.07.2006

Andreas, der Held dieses Romans, ist ein Unsympath. Die Welt, sein eigenes Leben, die Frauen auch, mit denen er schläft, sind ihm im Grunde herzlich egal. Einzig Delphine, der unglücklich Geliebten seiner Jugend, trauert er nach. Dann aber die Diagnose "Krebs", und der "Mittvierziger mit emotionalem Totalschaden" - so Felicitas von Lovenberg - muss sich neu orientieren. Die Rezensentin kann nicht verhehlen, dass ihr dieser Mann - als Mann wie als Protagonist - gehörig auf die Nerven geht; den Erfolg bei den Frauen verübelt sie ihm auch. Gegen das Buch spreche das aber nicht, denn die Darstellung eines solchen nicht untypischen Typen sei gerade die Absicht. Und außerdem beherrscht, so Lovenberg, Peter Stamm wie kaum ein anderer seiner Generation die Kunst der höchst präzisen, zum Schein nur schlichten Form. Mühe bereite das Lesen darum überhaupt nicht, dennoch oder gerade darum sei "An einem Tag wie diesem" ein "schwer zu verkraftender Roman".
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.07.2006

"Gern", streckenweise sogar "atemlos" hat Rezensent Oliver Pfohlmann Peter Stamms neuen Roman gelesen, an dessen Protagonisten ihn erschreckt, wie schnell er sich selbst in diesem erstarrten Mann wieder erkennen konnte, dem zu Frauen kaum mehr einfällt, als mit ihnen ins Bett zu gehen und der deshalb die Gründe für das Defizit in seinem Leben nicht wirklich durchschaut. Aber auch die "schmucklos-lakonischen" Sätze, in denen das Buch Pfohlmann zufolge verfasst ist, machen ihn schnell süchtig. Er bewundert an dieser "beabsichtigt banalen" Geschichte eines Mannes, der angesichts einer drohenden Krebserkrankung sein Leben ändert und sich auf die Suche nach einer verpassten Jugendliebe macht, die "kristallene Klarheit", mit der Stamm hier "die für die Kunst nötige Sentimentalitätsferne" herstellt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.07.2006

Ursula März mochte Peter Stamms neuen Roman, an dem sie die Mischung aus "philosophischem Pathos" und trocken-lakonischem Erzählstil beeindruckte. Wie in früheren Romanen gehe es auch hier um Stamms Grundthema: um "Leben, das nicht gelebt, sondern aufgeschoben oder verpasst wird". Hier nun handele Stamm es an einem gewissen Andreas ab, der eines Tages erfährt, dass er wahrscheinlich an Krebs erkrankt ist. Darauf kündigt er, so März, seinen Job und zwei "Teilzeitgeliebten". Er verkauft seine Wohnung, um eine Jugendliebe zu suchen, der er nach einem Kuss aus "bockiger Gefühlsfurcht" nicht näher kam. Irgendwann am Meer treffe er eine andere Frau, wobei der Roman offen lasse, wie die Geschichte weiter gehe. Klar wurde der Rezensentin jedoch, dass Andreas wenigstens einen Moment lang so etwas wie Glück erlebt hat. Zwar könne man, so März, gegen diesen Roman alle Einwände geltend machen, die auch sonst gegen die Bücher dieses "literarischen Lakonisten" ins Feld geführt werden, also Sentimentalität, schriftstellerische Routiniertheit und einen Hang zur Redundanz. Doch die Art, wie Stamm hier "der selbstgefälligen Philosophie der Lebensleere in den Rücken fällt", führt die Rezensentin in Regionen reinster Verzückung.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.07.2006

Noch nie hat Peter Stamm "so erregend aus der Mitte der Existenz heraus erzählt", schreibt Rezensent Roman Bucheli. Dabei steht zumindest das Ende aus seiner Sicht zunächst "unter dringendem Kitschverdacht". Trotzdem erkennt der Rezensent in der Szenerie - mit Sonnenuntergang und Meeresrauschen, Kuss und schemenhafter Umarmung - "eine innere Folgerichtigkeit". Nur noch die Silhouette bleibt von einem Mann, der für den Rezensenten einen bestimmten Menschentypus darstellt. Kraflos, kinderlos, blass, von "leisem Ennui" gezeichnet. Es geht, wie wir lesen, um einen Mann Anfang Vierzig, dem eine drohende Krebserkrankung plötzlich eine tiefe Lebensintensität aufzwingt. Stamms Erzählduktus beschreibt der Rezensent als einfach, sein Spiel mit dem Protagonisten als sehr durchtrieben. Insgesamt kniet der Rezensent vor der "sinnlichen Fülle" und der "erzählerischen Prägnanz" dieser Prosa und der Geschichte eines Mann, der es verlernt hat, ein "authentisches" Leben zu führen.
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