Doris Lessing

Ben in der Welt

Roman
Cover: Ben in der Welt
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2000
ISBN 9783455043945
Gebunden, 252 Seiten, 18,41 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Lutz Kliche. Die Fortsetzung des Romans "Das fünfte Kind": Ben, das fünfte Kind der Lovatts, war ein aggressiver, destruktiver Junge. Seine Mutter versuchte seine tyrannische Wut zu bändigen, doch am Ende stand die Zerstörung der Familie, und Ben zog mit einer Gruppe gewalttätiger Jugendlicher hinaus in die Welt. Nun ist Ben erwachsen geworden. Allein und unfähig, auf sich gestellt sein Leben zu bewältigen, ist er ein hoch explosives Bündel aus ungestillten Bedürfnissen und Frustrationen. Er fühlt sich orientierungslos und hasst die Menschen, obwohl er Nähe sucht. Sein Außenseitertum wird jedoch von wenig skrupulösen Geschäftsleuten schamlos ausgenutzt, denn seine kindliche Gier macht ihn angreifbar und zugleich verletzlich.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.08.2000

Fortsetzungsromane sind so?ne Sache. "Ben in der Welt" ist Doris Lessings erwarteter Nachfolgeroman von "Das fünfte Kind" - eine Erscheinung, die von der Rezensentin Bernadette Conrad nicht gerade zelebriert wird. Woran liegt das? Im Zentrum des neuen Roman stehe wieder der missratene Ben Lovatt , allerdings nun 12 Jahre älter. Aus dem früheren Kindsmonster Ben, ein Schrecken für Groß und Klein, ist jetzt ein erwachsener, kindlicher Trottel geworden. Die Rezensentin zeigt sich verwundert über diese etwas unmotivierte Veränderung: an der Stelle der früheren Aggressivität sei Angst und Unsicherheit getreten, die eisige Gefühlskälte sei einer "Geborgenheitssehnsucht" gewichen, die Frauenherzen erweichen lässt. Einfältig sei Ben allemal geblieben, und erwecke nun sogar wissenschaftliche Begierden. Conrad stellt mutmaßende Thesen über den Grund dieser Wandlung auf: Vielleicht sei das Buch ein "Gedankenexperiment", das den "Täter nicht aus der Perspektive der Opfer" sondern, "mitfühlend" selbst als Opfer ansieht? Oder sei er "eine Parabel über das Fremde schlechthin"? Doch diese Thesen retten das Buch Lessings nach Ansicht nicht vor dem Vorwurf der Banalität.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.08.2000

Egon Schwarz weist zunächst darauf hin, dass man dieses Buch problemlos auch dann lesen kann, wenn man Bens Vorgeschichte (in Lessings Roman "Das fünfte Kind" erzählt) nicht kennt. Seiner Ansicht nach ist Ben sofort als Außenseiter erkennbar. Und selbst wenn man als Leser bisweilen Schwierigkeiten habe, sich mit seinen Verhaltensweisen anzufreunden (wie etwa dem Verzehr rohen Vogelfleisches), so wächst mit fortschreitender Lektüre doch die Sympathie für den Protagonisten, so Schwarz. Dies liegt, wie er betont, zum großen Teil an der Souveränität, mit der die Autorin vorgeht. Sie scheue sich nicht, auf so manche "Kunstgriffe" zu verzichten, zum anderen habe sie die tragische Geschichte Bens "mit Elementen des Kriminal- und sozialen Elendsromans" aufgelockert. Schwarz betont die außerordentliche Spannung im letzten Drittel der Geschichte, in dem eine "wildgewordene Wissenschaft" das wahre Gesicht einer verrohten Gesellschaft offenbart.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.07.2000

Inge Zenker-Baltes weist zunächst darauf hin, dass dieser Roman an den vorherigen, "Das fünfte Kind", anschließt, in der eine glückliche Familie durch ihr jüngstes Kind, den gefährlichen und bösartigen Ben, auseinander bricht. Im vorliegenden Band nun ist Ben erwachsen - und vor allem allein. "Eine Mitleid erregende Kreatur", findet die Rezensentin, gefangen von seinen Ängsten und cholerischen Ausbrüchen, ein junger Erwachsener, dem es nicht gelingt, zur "normalen Welt" dauerhaft Kontakt aufzubauen. Der Roman wirke zwar "zu Beginn etwas sperrig und (...) sprachlich äußerst karg", so die Rezensentin, allerdings diagnostiziert sie darin auch eine "subtile Logik", da die Geschichte sowohl aus der Perspektive Bens wie auch aus der seiner "Beschützer" geschildert wird. Diese Beschützer, die selbst Außenseiter sind (z. B. eine Prostituierte oder eine alte Frau) erkennen zwar Bens verzweifelte Lage, so Zenker-Baltes, aber auch sie finden letztlich nicht wirklich Zugang zu ihm. Das Ende des Buchs, das die Rezensentin nicht verrät, sei "ebenso genial wie unsagbar traurig" und zeige vor allem auch die Hoffnungslosigkeit und die Kälte, mit der die Wissenschaft sich Außenseitern wie Ben bemächtigt. "Ein unbedingt lesenswertes Buch von den Abgründen menschlicher Existenz", so das Fazit der Rezensentin.
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