Vittorio Magnago Lampugnani

Verhaltene Geschwindigkeit

Die Zukunft der telematischen Stadt. Essay
Cover: Verhaltene Geschwindigkeit
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2002
ISBN 9783803151667
Gebunden, 110 Seiten, 19,50 EUR

Klappentext

Werden wir künftig noch in Städten leben? Und wenn wir in Städten leben, wie werden sie aussehen? In Fortführung seines erfolgreichen Essays "Die Modernität des Dauerhaften" untersucht Lampugnani die Zukunft des Städtebaus unter den heutigen Bedingungen einer immer stärkeren Kommunikation und Vernetzung: Die telematische Stadt - eine leere oder eine belebte Stadt? Muss sie entzerrt oder verdichtet werden? Wird sie über mehr oder weniger Verkehrsmittel verfügen? Müssen ihre Gebäude mono- oder multifunktional sein, dauerhaft oder vorläufig? Und wie stark muss Stadtplanung eingreifen?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.10.2002

Robert Kaltenbrunner braucht viele Zeilen für seine Rezension, die am Ende von Lampugnanis Gedanken zur Zukunft des urbanen Lebens nicht viel Gutes übrig lässt. Zunächst findet der Rezensent das Buch durchaus amüsant zu lesen. Dieses so "meinungsfreudige wie streitbare Büchlein" setze zudem mit einer überraschenden These ein, nach der das Leben in der Stadt durch den technologischen Strukturwandel mehr profitieren als unter ihm leiden würde. Was darauf aber folgt, so der Rezensent, rückt sehr schnell wieder von einer zukunftsfrohen Perspektive ab. So stört ihn zum einen die Tendenz, die auf eine Revitalisierung des Historischen hinausläuft, zum anderen die fehlende Konsequenz, an den Stellen, an denen es "anfängt weh zu tun", weiter zu argumentieren. Der Versuch einer kulturpolitischen Strategie, den der Autor hier vorlegt, führt Kaltenbrunner zufolge "nicht recht weiter, weil auf Diagnose nicht Therapie, sondern remedialer (Stadt-)Traum folgt". Kaltenbrunner stößt sich vor allem an dem "fast zwanghaften Bezug auf die Tradition als alleiniger Quelle positiver Rückversicherung", mit dem sich die tatsächlichen Wirkungsmechanismen heutiger urbaner Strukturen nicht erklären ließen. Zu einfach hat es sich Lampugnani gemacht. Er hat, so resümiert der Rezensent, hiermit keinen umfassenden und schlüssigen Ansatz geliefert, sondern sich lediglich seiner "nostalgisch verklärten Naivität" hingegeben.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.08.2002

In seinem Band "Verhaltene Geschwindigkeit" beschäftigt sich der Städtebauexperte Vittorio Magnago Lampugnani mit den Folgen der "telematischen Revolution", berichtet Rezensent Markus Jager. Wie Jager hervorhebt, mimt Lampugnani dabei nicht den "Zukunftsenthusiasten", sondern zieht sich auf die Rolle des Beobachters und verhaltenen Mahners zurück. So groß die futuristische Skepsis Lampugnanis sei, so verhalten seien seine eigenen Prognosen. Dass Lampugnani viele seiner Statements dann wieder relativiert und abschwächt, findet Jager bedauerlich. Trotz aller nachvollziehbarer Zukunftsskepsis hätte er sich gewünscht, mehr über Lampugnanis alternative Erwartungen zu erfahren. Die, die doch einmal durchscheinen - Jager nennt die Verringerung des Verkehrs, den Wegfall greller Werbung und einen schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen - alles "konsensträchtige Wünsche", sind für den Rezensenten nicht an die "telematische Stadt" gebunden. Überhaupt spricht Lampugnani lieber von der Stadt im "telematischen Zeitalter" als von der "telematischen Stadt", hält Jager fest - ein nicht unwesentlicher Unterschied. Im Idealfall sei die "telematische Satdt" die Stadt als soziales Gemeinwesen, fasst Jager die Vision Lampugnanis zusammen, eine Stadt, in der Technik lediglich als "devote Dienerin" fungiert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.06.2002

Was mag den Wagenbach Verlag nur dazu bewogen haben, fragt sich der Rezensent Jörg Häntzschel, "dieses großväterhafte, oft gehässige und durchweg reaktionäre Gerede" des deutsch-italienischen Architekturtheoretikers Vittorio Lampugnani zu veröffentlichen? Häntzschel erinnert sich noch gut an dessen Diskreditierung 1993, als Lampugnani im "Spiegel" gegen die zeitgenössische Avantgarde wetterte und für die 'ausgesprochen soliden detaillierten Bauten' des Dritten Reichs plädierte. An Lampugnanis neuestem Plädoyer (dem im übrigen bis zu sechs Jahre alte Vorträge und Aufsätze als Vorlage dienten), diesmal gegen das Verschwinden der Stadt im Informationszeitalter und für eine Renaissance ihrer kulturellen und sozialen Bedeutung, stört Häntzschel nicht so sehr die These als solche. Diese "Schlacht" sei schon längst gewonnen. Vielmehr stört den Rezensenten das "wie" der Argumentation. Undifferenziert und arrogant sei Lampugnani, er neige zu altertümlichen Manierismen und sprachlichen Klischees. Wenn Lampugnani dann noch "die Erfolge des Slow-City-Movements in der italienischen Stadt Greve feiert, die dazu beitrugen, eine 'für die Herstellung einer besonderen Wurrstsorte unverzichtbare' Wildschweinart vor dem Aussterben zu bewahren", macht sich der Rezensent "ernsthaft Sorgen" um den Autor.
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