Helmut Kohl

Helmut Kohl: Erinnerungen 1982-1990

Cover: Helmut Kohl: Erinnerungen 1982-1990
Droemer Knaur Verlag, München 2005
ISBN 9783426273203
Gebunden, 1152 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Ob in Berlin am Tag des Mauerfalls oder mit Michail Gorbatschow auf der Krim, ob mit François Mitterrand in Verdun oder mit Ronald Reagan in Bitburg - während seiner Kanzlerschaft schuf Helmut Kohl Bilder von prägender Kraft, die Eingang gefunden haben in das Gedächtnis der Republik. Vom Nato-Doppelbeschluss bis zur Wiedervereinigung hat er die Weichen gestellt, die über die Zukunft Deutschlands und Europas entschieden. Angetreten mit dem Versprechen, die 'geistig-moralische Wende' zu schaffen, gelang es unter seiner Regierung, die Bundesrepublik ökonomisch und sozial neu auszurichten. Jetzt gibt Helmut Kohl Auskunft über die dramatische Schlussphase des Kalten Krieges und den Fall der Mauer. Er erzählt von seinen Erfahrungen und Einsichten, von Weggefährten und Kontrahenten.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.05.2006

Anerkennend äußert sich Christian Kind über den zweiten schwergewichtigen Band der Erinnerungen Helmut Kohls, der die Regierungszeit des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers von der Nachrüstung bis zum Mauerfall umfasst. Die Aufzeichnungen des Altkanzlers betrachtet er im wesentlichen als einen "Rückblick auf seine Erfolge". Kohl schildere äußert ausführlich sein politisches Wirken, wobei er immer wieder die Richtigkeit seiner Entscheidungen und seines Handelns nachzuweisen suche. Kind rekapituliert dessen Deutschlandpolitik und den Weg zur Wiedervereinigung, an der Kohl gegen alle Kritiker und Opponenten stets festgehalten hatte. Kohls Abrechnung mit den politischen Gegnern fällt nach Ansicht Kinds knapp aus. Dennoch registriert er hier einen "bitteren Ton", der noch an Schärfe gewinnt, wo es um die Zweifler im eigenen Lager geht. "Sachlich" erscheint ihm demgegenüber der Ton des Altkanzlers, wenn er von seinem gespannten Verhältnis zu den Medien berichtet. Vermisst hat Kind lediglich "etwas mehr Auflockerung, etwas Erzählfreude und vielleicht auch eine Spur von Selbstkritik".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.12.2005

"Chapeau, Herr Kohl", schreibt die Rezensentin, die linke SPD-Politikerin Andrea Nahles, in einem lesenswerten Text über Memoirenschreiber Helmut Kohl, "die Borke, an der wir uns alle über viele Jahre gerieben haben". Beim Lesen seiner Erinnerungen ist sie selten überrascht, gelegentlich verärgert oder politisch anderer Meinung gewesen. Es gehe Kohl stets um seinen Glanz, stellt sie außerdem fest. Und zwar selbst dann, wenn er dafür die Leistung anderer schmälern müsse. Zum Beispiel die Willy Brandts für die Entspannungspolitik, der sie Kohl in seinem Buch "keinen Millimeter" einräumen sieht. "Mal fein, mal weniger fein" haue er auf seine politische Gegner ein. Trotz pausenloser Schilderung "machtpolitischer Durchsetzungsstrategien" sind die gesamten Erinnerungen aus Sicht der Rezensentin dennoch durchsetzt vom "Ton der Korrektur, Rechtfertigung, Belehrung, Verlautbarung". Gelegentlich empfindet sie Kohls Ton auch als altersweises Referieren. Immer wieder stellt Nahles von Kohl beschriebene politische Stationen Stationen ihrer eigenen Politisierung gegenüber und zeigt auf diesem Weg, wie stark Kohl die Epoche prägte. Schließlich beschließt sie ihren Versuch, dem Phänomen des "geschichtsmantelumwehten Kleinbürgers aus der Pfalz" auf Augenhöhe zu begegnen, mit dem starken Bekenntnis: "Wir fühlen uns überlegen, sind es aber nicht."
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.11.2005

Nein, altersmilde scheint Helmut Kohl nicht geworden, berichtet Norbert Seitz, der sich ebenso eisern und unzufrieden durch die 1152-seitigen Erinnerungen des Altkanzlers gearbeitet hat. Laut Seitz präsentiert Kohl von seiner Kanzlerschaft eine "schier makellose Bilanz" und rechnet auf breitem Raum mit seinen früheren politischen Gegnern ab. Besonders übel nimmt Seitz, dass Kohl durch Freundschaftsbezeugungen gegenüber den beiden sozialistischen Politikern Francois Mitterand und Felipe Gonzalez versuche, die "heimische Linke in den Krähwinkel der Weltgeschichte zu verbannen". Dagegen setzt er die Reihe von Kohls politischen Skandalen - Flick, die Wörner-Kießling-Affäre, der Besuch auf dem Soldatenfriedhof Bitburg. Und dass Kohl so darauf beharrt, mit der Nato-Nachrüstung als Voraussetzung für die deutsche Einheit im Recht gewesen zu sein, hält Seitz für eine "monokausale Verstiegenheit".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.11.2005

Gunter Hofmanns Befund: Helmut Kohl leistet "Reparaturarbeit" an seinem Bild. Nato-Doppelbeschluss, die Notwendigkeit von Bündnistreue und geistig-moralischer Standhaftigkeit und von dort aus direkt zur Wiedervereinigung und zur EU - eine schlichte historische Kausalkette mit Kohl als Fels in der Brandung, die der Rezensent etwas anders in Erinnerung hat. Aber so sei das eben beim Fertigen von "Kanzler-Legenden": Was nicht ins Bild passt oder zu komplex ist, fällt unter den Tisch. Nach dem Motto: "Reim dich, oder ich fress dich!" Zum Beispiel die Entspannungspolitik von Brandt und Bahr, die in Kohls selektiver Erinnerungen keine Rolle für die europäische Gegenwart spielt. Stattdessen lässt er nachträglich seinem Abscheu vor allem, was er als Anbiederung an den Warschauer Pakt oder die DDR empfand, freien Lauf und zeichnet dabei, so Hofmann, ein Bild in klarem Schwarzweiß, mit Richard von Weizsäcker als Zeitgeistopportunisten und Bösewicht. Fazit: das Selbstporträt eines von sich selbst Überzeugten vor sauberer Geschichtskulisse.