Hans Jörg Hennecke

Die dritte Republik

Aufbruch und Ernüchterung
Cover: Die dritte Republik
Propyläen Verlag, München 2003
ISBN 9783549071946
Gebunden, 400 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

"Bonn ist nicht Weimar" hieß ein geflügeltes Wort aus den Anfängen der Bundesrepublik. "Berlin ist nicht Bonn" lautet das Fazit der ersten Regierung Schröder. Der Übergang in die dritte Republik war einschneidend: Der rot-grüne Wahlsieg 1998 als erster vollständiger Regierungswechsel in der fünfzigjährigen Geschichte der Bundesrepublik; die erste Linkskoalition; der Umzug von Regierung und Parlament vom Rhein an die Spree; die Auflösung der tradierten Parteikonturen und Wählermilieus; die ersten Auslandseinsätze der Bundeswehr. Man kann darüber streiten, ob und wie die rot- grüne Bundesregierung diese Herausforderungen gemeistert hat. Unstrittig ist, dass die Republik ihr Gesicht dramatisch verändert hat - nach außen wie nach innen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.02.2004

Recht angetan zeigt sich Rezensent Eckhard Jesse von Hans Jörg Henneckes "brillant geschriebener" Monografie über die ersten vier Jahre rot-grüner Regierung in Berlin. Wie er berichtet, zeichnet Hennecke die Stationen der Regierung Schröder ebenso "akribisch" wie "lebendig" nach - vom Wahlsieg 1998 über zahlreiche innen- und außenpolitische Verwicklungen wie Einschnitte bis zum erneuten Wahlsieg 2002. Jesse bescheinigt dem Autor, die jüngste Vergangenheit mit "Verve, Distanz und Sachkunde" auszubreiten. Seine Zustimmung findet auch Henneckes These eines gravierenden Wandels der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren. Nichtsdestoweniger sieht er im rot-grünen Projekt eher eine Episode als eine Epoche. Und so zeigt er sich bei Henneckes These von der "dritten Republik" eher skeptisch, zumal, wie er anmerkt, der Autor selbst zahlreiche Argumente für die Fortexistenz von Verkrustungen liefere.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.09.2003

Als eine "in jeder Hinsicht musterhafte Darstellung" der ersten vier Jahre von Rot-Grün würdigt Rezensent Hans-Peter Schwarz dieses Buch. Seines Erachtens kann man das aktuelle Politikgeschehen nur sinnvoll beurteilen, "wenn man zumindest das Auf und Ab einer einzigen Legislaturperiode im Zusammenhang überblickt". Und genau das leistet Hennecke nach Ansicht von Schwarz. Eingerahmt von einer "konzisen Einführung" und einer "kritischen Zwischenbilanz" stelle es in vierzehn chronologischen Kapiteln mit jeweils sachbezogenen Schwerpunkten das rot-grüne Regieren bis zum Herbst 2002 dar. Überzeugt haben ihn dabei nicht nur die souveräne Komposition des Buches und die Fülle von ausgewerteten Quellen, sondern auch das "bemerkenswerte Urteilsvermögen" des Autors, sein "brillanter Stil" und nicht zuletzt seine Fähigkeit, auch komplizierte Sachverhalte "ohne Komplexitätsreduktion" auf den Punkt zu bringen. Wohltuend findet er die "sachlich, ironisch unterkühlte Distanz" des Autors, der gelegentlich auch "boshaft" sei, ohne zu übertreiben. Dabei führe Hennecke fast auf jeder Seite seines Buches den Nachweis, "wie heillos ungelöst schon seit Jahrzehnten das Hauptproblem ist: die tiefgreifende Reform bundesdeutscher Wirtschafts- und Sozialordnung".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.08.2003

Recht kritisch bewertet Rezensent Rudolf Walther diesen Überblick über die bisherige Geschichte der Berliner Republik. Zwar zitiere Hans Jörg Hennecke die skeptische Frage der amerikanischen Historikerin Barbara Tuchman: "Sollte... man über Geschichte schon schreiben, während sie noch qualmt?". Doch nimmt der Autor die Frage weder methodisch noch sachlich ernst, so Walther, "sondern erzählt munter drauflos". Und was kommt dabei heraus? "Zeitgeschichte light"! Henneckes primär auf Zeitungen als Quellen gestützte Ausführungen wertet Walther als "Megareferat über Leitartikel", wobei er das Unternehmen, Zeitgeschichte allein aus Zeitungsartikeln zu rekonstruieren, "hoffnungslos unterkomplex" nennt. Was er um so schlimmer findet, als bei Hennecke ein "analytischer Zugriff" "kaum zu erkennen" sei. Dafür bietet das Buch nach Ansicht Walthers eine "reichhaltige Blütenlese von Leitartikelphrasen und schiefen Metaphern". Als "ausgesprochen eng" erscheint ihm der "historische Horizont des Buches", wenn Hennecke etwa meint, die "Normalisierung" der Vergangenheit habe mit Schröder und Naumann begonnen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.07.2003

Rolf Lamprecht zeigt sich von Hans-Jörg Henneckes vorläufiger Chronik der rot-grünen Bundesregierung von 1998 bis 2002 nicht recht überzeugt. Schon die Titulierung der Schröder-Regierung als "dritte Republik" will dem Rezensenten nicht einleuchten. Ein Regierungswechsel stelle noch keine Neukonstituierung eines Staates dar, kritisiert dieser denn auch. Außerdem sieht er in Henneckes Bemühen um eine sachliche, unpolemische Darstellungsweise das Problem, dass dem Buch dadurch "zwangsläufig jeder Elan" abgeht. Schließlich gibt der Rezensent zu bedenken, dass dem Zeitgenossen die Höhen und Tiefen der Schröder-Regierung viel zu präsent seien, als dass das Buch Vergessenes wieder ins Gedächtnis zurückrufen könnte. Deshalb, so Lamprecht abschließend, bleibt nur zu hoffen, dass das Buch "mit den Jahren an Qualität" gewinnt, wenn die derzeitige Bundesregierung in Vergessenheit geraten ist und ein Rückblick von Interesse ist.
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