Charles Simic

Die Wahrnehmung des Dichters

Über Poesie und Wirklichkeit
Cover: Die Wahrnehmung des Dichters
Carl Hanser Verlag, München 2007
ISBN 9783446206793
Kartoniert, 255 Seiten, 21,50 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Thomas Poiss. Die Frage, woraus Dichtung entsteht, beunruhigt den amerikanischen Lyriker Charles Simic. In seinen Essays entdeckt er bei sich selber und einer Reihe großer amerikanischer Vorläufer den Zweifel, die "ungewisse Gewissheit" als poetisches Prinzip. Emily Dickinson, Wallace Stevens, Williams Carlos Williams, aber auch die europäischen Surrealisten und der serbische Dichter Vasko Popa tragen bei zu jener skeptischen Mystik, die Simic gleichermaßen mit Hieronymus Bosch und mit Buster Keaton teilt. Nicht weniger luzide zeigt Simic auch, wie sich im Zerfall Jugoslawiens der Zweite Weltkrieg spiegelt: Aus dem Riss durch die Welt quellen Dämonen der Erinnerung und das Licht der Kunst, und was W. G. Sebald von Bayern nach England trieb, trieb Charles Simic von Belgrad nach New York.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.04.2008

Sehr eingenommen ist Jürgen Brocan von Charles Simics Essays über "Poesie und Wirklichkeit". Die gattungsüberschreitenden Aufsätze zeigen für ihn auf kluge und sympathische Weise die Verbundenheit von Dichtung und Wirklichkeit auf. Im Beharren auf der Individualität und der Wahrnehmung sinnlicher Realität sieht er zwei der zentralen Merkmale von Simics Schaffen. Er charakterisiert ihn als "Mystiker des Alltags", der selbst in Tomaten oder Wurstsorten das große Staunen entdecke. Zudem bescheinigt er ihm Esprit, eine gehörige Dosis Respektlosigkeit gegenüber dem akademischen Zugang zur Literatur und einen frischen kritischen Blick auf gesellschaftliche Missstände. Besonders hebt er in diesem Zusammenhang den Beitrag über die Südstaaten hervor, die er als hellsichtige Analyse schätzt, "die moralische Defizite anmahnt, ohne abgedroschen moralisch daherzukommen".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.02.2008

Hans-Peter Kunisch versucht erst gar nicht, den Autor "auf einen Nenner" zu bringen. Unmöglich, wie er versichert. Stattdessen stellt uns der Rezensent die Essays von Charles Simic als "funkelnde" Erscheinungen vor, dem Autor gemäß. Gleich ob Simic über Würste oder den Krieg in Jugoslawien schreibt, stets erscheint er Kunisch als "Profi der halben und doppelten Wahrheiten", dessen "surrealistisches Erbe" für Kunisch so deutlich ist wie dessen Realitätssinn. Skepsis und analytische Lust schließen einander bei diesem Dichter nicht aus, versichert Kunisch.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.10.2007

In diesem Buch sammelt der Herausgeber und Übersetzer Thomas Poiss verstreute poetologische sowie autobio-bibliografische Texte des neuen amerikanischen Poeten Laureate Charles Cimic. Harald Hartung freut sich, dass der Dichter hier kein Blatt vor den Mund nimmt und in seiner typischen, die tiefere Bedeutung gern in Scherzen versteckenden Art über sein Handwerk schreibt und sein Leben. Man erfährt, dass der in Jugoslawien geborene Simic auf Englisch zu schreiben begann, um von mehr Mädchen verstanden zu werden. Nicht zu übersehen ist die Begeisterung des Autors für alles Kulinarische, von der Tomate (beziehungsweise aztekisch "toma-tl", zu deutsch: das pralle Ding) bis zum Liebesapfel. Literarische Vorbilder werden genannt, von Kafka bis Nabokov, als großer Held von Simic figuriert aber der Dichter Vaco Popa. Etwas kokett nennt sich der Autor "minor poet", veranlasst den Rezensenten damit aber nur zum Ausruf: "So groß kann ein minor poet sein."
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