Ernst Klee

Das Kulturlexikon zum Dritten Reich

Wer war was vor und nach 1945
Cover: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007
ISBN 9783100393265
Gebunden, 715 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Lexikon mit 4000 Einträgen zu Personen aus dem Kulturbetrieb der NS-Zeit. Der Autor hat so weit wie möglich auch die Nachkriegskarrieren recherchiert. Verzeichnet sind die wichtigsten oder bekanntesten Personen aus Adel, Archiv- und Büchereiwesen, bildender Kunst, Film, Geisteswissenschaft, Kunstgeschichte, Literatur, Musik (einschließlich Unterhaltungs-, Film- und auch Militärmusik), Rundfunk, Theater, etc. Hunderte der genehmsten Schauspieler, Schriftsteller, Maler, Architekten, Komponisten, Dirigenten, Musiker etc. waren 1944 in einer systematisch rubrizierten "Gottbegnadeten-Liste" des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda unter Joseph Goebbels aufgeführt worden, was für die Genannten handfeste materielle Vorteile bedeutete. Viele Profiteure und Karrieristen huldigten Hitler als den "ersten Künstler der deutschen Nation", viele von ihnen sind selbst in Auschwitz zur Unterhaltung der SS aufgetreten. Das Lexikon dokumentiert darüber hinaus Hunderte von Opfern der damaligen Kulturpolitik: Verfemte und Verfolgte, die ins Exil gehen mussten bzw. ermordet worden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.04.2007

"Erschreckend" für Rezensent Rudolf Walter ist die Kontinuität, mit der Biografien von NS-Mitläufern nach dem Krieg einfach so weiter liefen, beispielsweise in einer Studienkommission zur Erwachsenenbildung in Schleswig-Holstein. Und einer von Hitlers handverlesenen Lieblingsschriftstellerinnen sei noch 1979 eine Sonderbriefmarke gewidmet worden. Dass Ernst Klee hier mit "scharfen Charakterisierungen" nicht hinter dem Berg halte, wertet der Rezensent als "Verdienst" seiner auf jahrzehntelangen Recherchen beruhenden Arbeit. Bei den 4000 ausgewählten Namen des Kulturlexikons komme es naturgemäß zu Überlappungen mit dem vor vier Jahren erschienen "Personenlexikon zum Dritten Reich". Wenig "überzeugend" aus Sicht des Rezensenten sei hingegen, wenn Personen und Gruppen angeführt würden, die entweder nichts mit Kultur zu tun oder aber lange vor der Nazizeit gelebt hätten. Ernst Klees Aufnahme in das Verzeichnis bleibe hier eine Begründung schuldig. Solche Einwände schmälerten aber gleichwohl nicht die grundsätzliche Bedeutung des Werkes und auch nicht seinen praktischen Wert als Nachschlagwerk. Der Autor untertreibe keineswegs, wenn er selbst von einem "lexikalischen Mahnmal" spreche.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.03.2007

Für Frank-Rutger Hausmann füllt das Buch eine Lücke, indem es "nach Aufbau und Ziel" an das ebenfalls von Ernst Klee kompilierte "Personenlexikon zum Dritten Reich" anschließt und über Hauptakteure des kulturellen Lebens unter Hitler informiert. Klees Auswahl sieht Hausmann wesentlich orientiert an "einschlägigen Fachpublikationen" und an Goebbels Liste der "Gottbegnadeten". Die Darstellung selbst erscheint dem Rezensenten oft tendenziös: Aufklärerisch und nicht immer neutral. Eine "Steuerung der Benutzer", die Hausmann missfällt, weil sie selektiv vorgeht. Etwas mehr Differenzierung hätte er sich gewünscht.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 01.03.2007

Enttäuscht sieht Rezensent Fritz J. Raddatz den von ihm sonst hoch geschätzten Ernst Klee im "verwucherten Gestrüpp" seines "gänzlich zerbrochenen" neuen Buches herumstolpern. Bei dem im Ansatz als sehr wichtig eingestuften Werk handelt es sich Raddatz zufolge um eine Art Lexikon und "Alphabet der Schändlichkeit" über Personen des kulturellen Lebens und ihre Verstrickungen in der Nazizeit. Dementsprechend schockiert hält der Rezensent bei der Lektüre auch immer wieder inne ob der "kriminellen Impertinenz" mancher Figur. Raddatz zählt auf: der Komponist Hans Pfitzner zum Beispiel, der dem "Schlächter von Polen" Hans Frank 1944 eine "Krakauer Begrüßung" gewidmet habe. Die antisemitischen Suaden des späteren FAZ-Herausgebers Karl Korn. Oder Dieter Borsches Auftritt vor der SS-Wachmannschaft in Auschwitz. Doch Klee verzettele sich, sinke gelegentlich auf "Bunte"-Niveau oder schreibe "Klappentextsprache". Verzweifelt fragt Raddatz auch, was Personen wie Brecht oder Johannes R. Becher in diesem Lexikon verloren haben. So verschenkt dieser Autor aus Sicht seines geknickten Rezensenten schließlich die Möglichkeiten für ein wichtiges und bedeutendes Werk.