Gabriele Wohmann

Schön und gut

Roman
Cover: Schön und gut
Piper Verlag, München 2002
ISBN 9783492043991
Gebunden, 222 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Flora verflucht die Liebe. Jeder, den sie nicht lieben muß, ist ihr willkommen. Und doch gibt es da einen neuen Mann. Glaubt David. Und soll für seinen Vater die Wahrheit über seine attraktive Stiefmutter Flora ans Licht bringen...

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.07.2002

Zwar findet Friederike Hermann diese Erzählung und vor allem die Perspektive, aus der erzählt wird, spannend, trotzdem aber "bleibt ein Ungenügen", das sie am Ende unbefriedigt zurücklässt. Die Geschichte ist erzählt aus der Perspektive des Jungen David und seiner Cousine Muriel, die die "Mutter" der Patchworkfamilie, in der sie aufwachsen, in einem wechselseitig geführten Tagebuch porträtieren. Sie machen ihre Ziehmutter gleichzeitig zur Projektionsfläche ihrer Vorstellungen von "Unabhängigkeit, Liebe und Selbstwerdung". Einerseits entsteht so ein spannendes Porträt einer Frau, die in einer vergleichsweise bürgerlichen Lebenssituation angekommen ist und das, obwohl "sie die nie angestrebt hat". Anderseits aber erscheinen die Worte, die die Autorin Gabriele Wohmann ihren Protagonisten in den Mund legt, ein bisschen zu abgebrüht und "altersweise". Damit wirkt die Umsetzung ihres eigentlich interessanten Konzepts auf die Rezensentin unglaubwürdig und durch die "gleichmäßigen Wechsel der Kapitel zwischen David und Muriel" auch "ein bisschen langatmig".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.05.2002

In seiner weitgehend nacherzählenden Rezension zeigt sich Alexander Bormann recht angetan von Gabriele Wohmanns Roman um eine außergewöhnliche Familie. Interessant findet Bormann die Erzählweise des Romans: Kurz vor dem Abitur fassen die beiden "Kinder" David und Muriel, die mit im Hause aufwächst, weil ihre Ethnologen-Eltern andauernd unterwegs sind, den Plan, jedes für sich ein Buch über das faszinierende Familienoberhaupt Flora, der Wohmann laut Bormann "spendabel viele eigene Züge geliehen hat", zu schreiben. So stammt abwechselnd je ein Kapitel des Romans von David und Muriel, die sich gegenseitig Einsicht in das Geschrieben gewähren, berichtet Bormann. "Zart und hübsch genau" zeigt Wohmann nach Ansicht des Rezensenten, wie sich David und Muriel dagegen wehren, "pubertär" zu sein, und wie sie sich schließlich näherkommen, während der Familiensegen schief hängt, weil Louis, Floras Mann, Flora verdächtigt, fremdzugehen. Am Schluss kommt dann aber doch noch alles in Ordnung, verrät Bormann, Davids und Muriel s Buch über Flora bleibt unvollendet. Wohmanns Erzählthese, dass es den Gegensatz von Kunst und Leben nicht gibt, kann Bormann nach der Lektüre ihres neuen Romans nur zustimmen: Denn: "Das unverstellte Leben ist am gründlichsten verstellt."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.05.2002

Dorothea Dieckmann nimmt Gabriele Wohmanns siebzigsten Geburtstag zum Anlass, die Autorin auf wenig schmeichelhafte Art zu porträtieren. Wohmanns Werk zeichnet sich weniger durch Experimentierfreude aus als vielmehr durch eine "Konzentration auf wenige private Themen und Motive", denen der Protestantismus einen "leidenden Gewissenston" gibt, schreibt Dieckmann wenig charmant. Wohmann arbeitet an der Entmystifizierung der "heilen Welt von Liebe, Ehe und Familie" und protokolliert die "dumpfen Lebensverhinderungen, Selbstlügen, Alltagsgemeinheiten und 'Todesspielarten' im Milieu reicher Mittelständler und erfolgreicher Künstler". Doch nicht nur die Themen, auch die Umsetzung scheint der Rezensentin nie gefallen zu haben. Sie findet Wohmanns Prosa "mut- und freudlos". Was Dieckmann vermisst, ist der eruptive Ausbruch des "verdrängten Triebhintergrundes". Hier, so die Rezensentin, verkümmert Ausbruch zum "Knalleffekt" und erlaubt keine Perspektiven. Diese "beunruhigende Ruhe", vermutet sie, entspringt der Verknüpfung von Stillstand und "eiserner Disziplin", einer "eigentümlich aktivistischen Passivität", die im Schreiben einen Lebensersatz findet und beharrlich daran festhält. Daher der etwas mitleidige Wunsch der Rezensentin, Wohmann möge die "Wonnen unschuldigen Müßiggangs" erleben.