Valentin Groebner

Retroland

Geschichtstourismus und die Sehnsucht nach dem Authentischen
Cover: Retroland
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2018
ISBN 9783103973662
Kartoniert, 224 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Geschichtstourismus liegt im Trend. Aber warum eigentlich? Was suchen wir im "Retroland"? Geraniengeschmückte historische Altstädte, Kolonialidyllen auf tropischen Inseln und urtümliche Alpendörfer: Reisen an Orte, an denen die Zeit vermeintlich stehengeblieben ist, sind das Alltagsgeschäft des Fremdenverkehrs. Der Historiker Valentin Groebner erzählt von den Hotspots des Geschichtstourismus - den es verblüffenderweise schon seit 500 Jahren gibt! Er nimmt seine Leser mit ins Piemont und nach Paris, in die Berge und an malerische Strände, ins romantische Luzern und ins pittoreske Sri Lanka. Der eigentliche Rohstoff der Tourismusindustrie, so zeigt er, sind nicht Kultur, Sonne und Landschaft. Es ist das Versprechen, das Paradies zu finden, aber auch die eigenen Ursprünge, das Authentische und Unverfälschte. Doch vieles, so zeigt Valentin Groebner, ist nicht, wie es scheint und wie es der Reiseführer behauptet. Denn das sehenswerte Alte muss ständig neu hergestellt und angepasst werden, damit es den Erwartungen entspricht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2018

Rezensent Marc Tribelhorn erkennt mit Valentin Groebners Buch die Mittouristen als das Echteste am Reisen. Wie ihm der Autor zuvor den Unterschied zwischen Geschichte und Vergangenheit und die Auswüchse des Geschichtstourismus bis zum Reenactment der Heilsgeschichte in Basel, Luzern, Arrezzo und anderswo vorführt, anekdotisch, aber inhaltlich scharfsinnig und stilistisch versiert, findet Tribelhorn lesenswert. Sogar politisches Brisantes bringt der Autor laut Rezensent zur Sprache, wenn er Geschichtstourismus und Jubifeste zu historischen Schlachten miteinander vergleicht.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.10.2018

Rezensent Ambros Waibel scheint mit diesem Buch wenig anfangen zu können. Gewiss, es ist manchmal "klug und federleicht" geschrieben, wie es der Verlag anpreist, aber manchmal eben auch "langweilig", findet er. Wie die Tourismusbranche so groß werden konnte, lernt er nicht daraus. Das von Valentin Groebner beschriebene "Versprechen auf wiedergegebene Zeit" des Geschichtstourismus stößt ihn ebenso ab wie Touristen, die vor dem Lagerzaun von Auschwitz Selfies machen, wie er es selbst erlebt hat. Was er sich genau von dem Buch erwartet hat, wird aber auch nicht klar. Vielleicht hätte er etwas anderes lesen sollen?

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.09.2018

Angeregt plaudert Rezensent Ronald Düker über diese psycho-ethnologische und essayistische Annäherung an den Tourismus - heute immerhin die drittgröße internationale Dienstleistungsbranche, wie der Rezensent von Groebner lernt. Das eigentliche Motiv der Reisen im Raum sei dabei meist ein Reisen in der Zeit, getrieben von einer Sehnsucht nach heiler Welt und Identität, die es so natürlich nie gegeben habe. Es ist eine Reflexion voller Pointen, versichert Düker, der mit Wohlwollen beobachtet, dass Groebner auch seine eigene Erfahrung als Tourist mit bedenkt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.09.2018

Rezensent Dirk Pilz findet Valentin Groebners Buch herausragend. Dass der Autor sich nicht zu billigem Touristenbashing hinreißen lässt, sondern historische Analyse und Reisebeschreibung gewinnbringend vermischt, eigene Erfahrungen und Sachbuchfakten, und so zu "Fragen der Herkunft und historischen Identität" gelangt, scheint ihm bemerkenswert. Die Sehnsucht nach dem Authentischen erkundet der Autor laut Pilz mit Hilfe der Unterscheidung von Vergangenheit und Geschichte. Und dann erfährt der Rezensent auch endlich, was den Geschichtstourismus so attraktiv macht: Der Tourist muss das Gewesene nicht mehr deuten und einordnen, nur anschauen. Wie es besser geht, erklärt ihm der Autor darüber hinaus.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.08.2018

Hannes Hintermeier lernt mit dem Historiker Valentin Groebner das Authentische kennen. Dass Tradition Arbeit bedeutet, erfährt er gleichfalls, wenn ihn der Autor mit auf Reisen nimmt zu Stätten, an denen Traditionen gepflegt werden, deren Ursprung mitunter im Dunkeln liegt oder allzu offen zutage, wie im Fall der aus Afrika in die Alpen importierten Geranie. Dass der Autor seinen eigenen Reisen zur Ayurveda-Kur nach Sri Lanka oder in der Heimat Luzern selbstironisch betrachtet, als eleganter Essayist durch Zeiten und Orte springt und gelehrt schreibt, ohne überheblich zu sein, gefällt Hintermeier gut.
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