Koen Brams

Erfundene Kunst

Eine Enzyklopädie fiktiver Künstler von 1605 bis heute
Cover: Erfundene Kunst
Die Andere Bibliothek/Eichborn, Frankfurt am Main 2003
ISBN 9783821845241
Gebunden, 375 Seiten, 27,50 EUR

Klappentext

Aus dem Niederländischen von Christiane Kuby und Herbert Post. Nein, hier geht es nicht um Fälschungen, sondern um Kunst in der zweiten Potenz! Die Romanciers und die Dichter haben von jeher Gefallen daran gefunden, alle Sachverständigen der Kunstgeschichte zu übertreffen, und sie haben ein Paralleluniversum erfunden, in dem es von Genies und Schwindlern, Selbstmördern und Größenwahnsinnigen wimmelt. An diesem Spiel der Spiegelungen haben sich von Shakespeare und Calderon bis Proust und Nabokov, von Goethe und Tolstoj bis Calvino und Sebald, Siegfried Lenz und Botho Strauß, viele große Autoren beteiligt. Die merkwürdigsten Überraschungen erwarten den Leser, der in diesem Irrgarten lustwandelt. Denn er wird hier nicht mit einer gewöhnlichen Anthologie abgespeist, sondern mit hunderten von witzig nacherzählten Lebensläufen dazu verführt, an eine Kunst jenseits der Museen zu glauben, mit allem, was zu einem seriösen Standardwerk gehört.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.06.2003

Wenn er auch nicht ganz zufrieden ist mit den eifrigen Enzyklopädisten, so hat doch ihre Sammlung von 280 erfundenen Malern der Literaturgeschichte Stefan Maus eine Überfülle an Stoff zum Nachdenken und Formulieren geliefert. Zum Beispiel konnte er einen "Prototyp des bildenden Künstlers destillieren": Er kämpft im giftigen Dunst der Farben mit den Musen und wird, solcherart geschwächt, am Ende das Opfer des Nacktmodells, das ihn zur Häuslichkeit verführt. Was noch? Früher waren die Künstler eher Protagonisten eines Bildungsromans, in jüngeren Werken müssen sie mit ihren Werken eher als Verkörperungen herhalten. Übrigens etwas, so Maus, das die Autoren dieses Lexikons übersehen; überhaupt komme die literaturhistorische Entwicklung des Künstlermotivs viel zu kurz. Außerdem seien die Zusammenfassungen der Werke recht bieder und die Auswahl auf den Westen fixiert. Viel Kritik für ein Werk, dass den Rezensenten inspiriert und sogar zum Träumen - von einem Museum, "in dem ausschließlich gerahmte Buchseiten mit Beschreibungen imaginärer Kunstwerke hängen" - angeregt hat. Doch der Stoff macht?s!
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.05.2003

Borges verdankt sich mit dem "Buch der imaginären Lebewesen" der Urtyp der fiktiven Enzyklopädie, behauptet Joachim Kalka, der seither Schule gemacht habe. So gab es bereits 1977 ein "Dictionary of imaginary places", hat Kalka in Erfahrung gebracht, und bereits 2000 ist in den Niederlanden die hier angezeigte "Enzyklopädie fiktiver Künstler von 1605 bis heute" erschienen, für die Koen Brams einen ganzen Mitarbeiterstab beschäftigt haben soll. Eigentlich handelt es sich um ein Lexikon und nicht um eine Enzyklopädie, stellt Kalka fest. Macht nichts - es sei trotzdem ein "hübscher Einfall" und in der Anderen Bibliothek mehr als gut aufgehoben. Das Buch liefere Literaturhinweise von Shakespeare bis zu ganz modernen Autoren, aber auch entlegene Titel tauchten darin auf und animierten zum Nachlesen, lobt Kalka. Patrick Whites "The Vivisector" und Wyndham Lewis' "Tarr" fehlen ihm in der Galerie, auch das Genre des Kriminalroman hätte seines Erachtens berücksichtigt werden können. Ansonsten, sinniert der Rezesent, lese sich das Buch als Materialsammlung, als Studie über das Bild, das sich die Literatur von den bildenden Künsten mache. Ein kleiner Wettbewerb der Künste.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.02.2003

"Ein ideales Werk für literarische Zwischenmahlzeiten" sei diese "Enzyklopädie fiktiver Künstler von 1605 bis heute", beurteilt der mit "her" zeichnende. Über 280 Biografien haben Koen Brams und seine Mitarbeiter zusammengestellt und dies sei ihnen "öfters besser, gelegentlich auch mal weniger gut gelungen", so der Rezensent. Nicht einfach zu bewältigen und immer "stark selektiv" sei dieses "Unternehmen" gewesen, vermutet der Rezensent, da immer eine "autonome Lebensgeschichte aus einem größeren erzählerischen Zusammenhang" gelöst werden musste. So findet "her" in der Enzyklopädie die Henrietta Savernake aus Agatha Christies "Eulenhaus", Wilhelm Buschs Kuno Klecksel oder Georges Perecs Franz Hutting aus "La vie mode d'emploi": gemeinsam seien sie der "bildenden Kunst verschrieben", aber allesamt "Ausgeburten dichterischer Fantasie".