Dörte Hansen

Mittagsstunde

Roman
Cover: Mittagsstunde
Penguin Verlag, München 2018
ISBN 9783328600039
Gebunden, 320 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Die Wolken hängen schwer über der Geest, als Ingwer Feddersen, 47, in sein Heimatdorf zurückkehrt. Er hat hier noch etwas gutzumachen. Großmutter Ella ist dabei, ihren Verstand zu verlieren, Großvater Sönke hält in seinem alten Dorfkrug stur die Stellung. Er hat die besten Zeiten hinter sich, genau wie das ganze Dorf. Wann hat dieser Niedergang begonnen? In den 1970ern, als nach der Flurbereinigung erst die Hecken und dann die Vögel verschwanden? Als die großen Höfe wuchsen und die kleinen starben? Als Ingwer zum Studium nach Kiel ging und den Alten mit dem Gasthof sitzen ließ? Dörte Hansen erzählt vom Verschwinden einer bäuerlichen Welt, von Verlust, Abschied und von einem Neubeginn.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.12.2018

"Wer 'altes Land' mochte, wird 'Mittagsstunde' lieben", meint Rezensent Jörg Magenau und lässt sich gern von Dörte Hansen in das fiktive Dorf Brinkebüll mitnehmen. Gekonnt zwischen den Zeiten switchend erzählt ihm Hansen hier im Spannungsfeld zwischen "Untergang und Sehnsucht" vom Dorfleben im Zeitalter der Flurbereinigung, dabei "konventioneller" als Peter Kurzeck und weniger politisch als Juli Zeh, dafür aber "leise melancholisch", sachlich und frei von Sentimentalitäten, wie der Kritiker versichert. Dass Hansen das Dorfleben nicht verklärt, rechnet ihr der Rezensent hoch an.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.12.2018

Rezensent Helmut Höge konstatiert wehmütig, dass in Dörte Hansens Buch über den Verfall der Dorfkultur "alles stimmt": Wie sich ihr nordfriesisches Brinkebüll von der Nachkriegszeit an immer mehr verändert, wie Flurbereinigung, Zuzug, Maisanbau und Discos die vorher fest zusammengeschworene Dorfgemeinschaft auflösen, erscheint dem selbst in einem norddeutschen Moordorf aufgewachsenen Rezensenten nur zu nachvollziehbar. "Fein mit Plattdeutsch abgeschmeckt", zeigt Hansen Höge zufolge hier mit viel Witz und auch bitterlichem Ernst, was man heute "Strukturwandel" nennt. Der begeisterte Rezensent hat das, wie er findet, perfekt gelungene Buch gleich zwei Mal gelesen und dabei immer neue liebevolle Details entdeckt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.11.2018

Der neue Heimatroman hat rein gar nichts zu tun mit neobourgoiser Landliebe, versichert Rezensentin Iris Radisch in einer Verteidigung des Genres. Als besonders gelungene Beispiele stellt sie zwei neue Heimatromane - Dörte Hansens "Mittagsstunde" und Kathrin Gerlofs "Nenn mich November" - vor, die ihr weder sentimentale Schönfärberei noch agressive Anti-Idyllik andrehen wollen, sondern wohl eher melancholisch sind. Dörte Hansens Roman spielt in einem Dorf in Nordfriesland. In Rückblenden wird erzählt, wie die dörfliche Kultur in wenigen Jahrzehnten zerstört wurde, so Radisch - durch rücksichtslose Begradigung der Landschaft, die Schaffung von Monokulturen und Großbetrieben. Durchwirkt ist das mit Erinnerungen an die Dorfschule, Hochzeit im Dorfkrug und überhaupt "das ganze Enge, Schiefe und Beschränkte, das Verwinkelte und Zugewachsene, das Umständliche", zitiert Radisch die Autorin. Es ist eine Welt die verschwindet und nur Verlierer zurücklässt. Literarisch formiert sich hier allerdings eine "Gegenkraft zum urbanen Zeitalter", meint die Rezensentin, der das in seiner Wehmut gut gefällt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.10.2018

Rezensent Andreas Platthaus findet Dörte Hansens neuen Roman "Mittagsstunde" außergewöhnlich eindringlich. Er erzählt die Geschichte der Feddersens: Ein altes Ehepaar, ihre Tochter und ihr Enkel führen auf dem Land im Norden ein von der psychischen Labilität der Tochter geprägtes Leben, als sie die Flurbereinigung ereilt. Laut Platthaus hat Hansen ihr Vorhaben, "das Ende der Sesshaftigkeit" zu beschreiben, damit ideal umgesetzt. Ergreifend und anschaulich erzählt sie laut Rezensent von den tragischen Momenten des Familienlebens und der Zerstörung der ländlichen Idylle, kommt dabei aber "ohne jede Effekthascherei" aus, lobt der Rezensent.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de