Susanne Fritz

Wie kommt der Krieg ins Kind

Cover: Wie kommt der Krieg ins Kind
Wallstein Verlag, Göttingen 2018
ISBN 9783835332447
Gebunden, 268 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Ein sehr persönliches Buch über das Schicksal der Mutter und der eigenen Familie. Spurensuche, deutsch-polnische Geschichtsschreibung und Erzählung in einem. Vierzehn Jahre alt ist die Mutter, als sie 1945 verhaftet und für Jahre ins polnische Arbeitslager Potulice gebracht wird. Der Grund: Sie hatte mit neun ein Formular unterschrieben, das sie in einem von Hitler überfallenen Gebiet als Deutsche auswies. Susanne Fritz erzählt ohne jede vorschnelle Schuldzuweisung von dem Schicksal ihrer Mutter und der ganzen Familie über mehrere Generationen. Sie fragt nach Menschlichkeit und Verrat, nach Identität und Sprache und zieht immer wieder historische Dokumente zu Rate. So leuchtet sie nicht nur die eigene Familiengeschichte aus, sondern das deutsch-polnische Verhältnis über zwei Weltkriege hinweg mit all den historischen Umwälzungen und ihren Auswirkungen auf jeden Einzelnen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.12.2018

Paul Jandl hält das sehr private Buch von Susanne Fritz für gewagt. Der Versuch, den Schrecken des Krieges und der deutschen Invasion in Polen, den die Mutter der Autorin erlebt hat und den sie weiterreicht in der Familie, zu bannen, gelingt laut Jandl, da Fritz mit journalistischer Genauigkeit und literarischer Sensibilität vorgeht und die Leerstelle des Unsagbaren offenlässt. Die Schilderung von Gewalt führt beim Leser nicht zu bloßer Betroffenheit, erklärt der Rezensent, weil die verwendete Sprache nicht Recht behalten oder eine Moral formulieren will. Das Anhäufen des Erinnerungsmaterials und der Wechsel zwischen der polnischen Vergangenheit der Mutter und der Gegenwart der Autorin ergeben für Jandl zwar kein Ganzes, aber einen Haufen von Wirklichkeitssplittern, in denen sich das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter bricht. Schlüsse ziehen muss der Leser selbst, so Jandl.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.09.2018

Rezensentin Johanna Roth nimmt eine schwierige Lektüre auf sich mit dem Buch von Susanne Fritz. Die Geschichte ihrer Mutter und ihrer in der Nachkriegszeit als deutsche Minderheit in Polen lebenden Familie erzählt die Autorin laut Roth "bruchstückhaft" in Miniaturen. Ernst scheint ihr der Rückblick in Hinblick auf die Themen Schuld und Verdrängung. Dass die Autorin viele Fragen an die Vergangenheit offen lassen muss, findet Roth in Ordnung. Wichtiger scheint ihr das Thema der generationsübergreifenden Traumatisierung, das die Autorin für Roth sachlich und genau durch Recherche in Archiven und Tagebüchern angeht. Für Roth nicht zuletzt ein Beispiel dafür, wie Erinnerungsarbeit ohne Zeitzeugen künftig funktionieren kann.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.06.2018

Felix Stephan empfiehlt das Buch von Susanne Fritz als literarisches Werk, das wie kein anderes in die Gegenwartsdebatten und die nationale Erinnerungskultur vordringt. Phänomenal findet er die Verbindung von akribischer Reporterrecherche, literarischem Zugriff, Sprachsorgfalt, Geschichtsskepsis, Selbstbeobachtung und politischem Bewusstsein. Die so entstehende Familienerzählung scheint ihm universell. Was die Autorin in der Auseinandersetzung mit der Geschichte und der Erinnerungskultur ihrer aus Polen stammenden Familie erlebt, verweist den Rezensenten auf die Pathologie ganzer Länder.
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