Max Frisch

Aus dem Berliner Journal

Cover: Aus dem Berliner Journal
Suhrkamp Verlag, Berlin 2014
ISBN 9783518423523
Gebunden, 235 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Thomas Strässle. Als Max Frisch 1973 in der Berliner Sarrazinstraße eine neue Wohnung bezog, begann er, wieder ein Tagebuch zu führen, und nannte es Berliner Journal. Einige Jahre später betonte er in einem Interview, es handle sich dabei mitnichten um ein "Sudelheft", sondern um ein "durchgeschriebenes Buch". Seiner literarischen Form nach entspricht es den weltberühmt gewordenen Tagebüchern der Jahre 1946-1949 und 1966-1971: Neben Betrachtungen aus dem Alltag des Schriftstellers finden sich erzählende und essayistische Texte sowie sorgfältig gezeichnete Porträts von Kolleginnen und Kollegen wie Günter Grass, Uwe Johnson, Wolf Biermann und Christa Wolf. Nicht zuletzt zeugen die Tagebucheinträge von der außergewöhnlichen Wachheit, mit der Frisch als Bewohner West-Berlins die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR beobachtet und erlebt hat.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.01.2014

An den Journalen von Max Frisch aus seiner Berliner Zeit 1973/74 begeistert Detelf Kuhlbrodt vor allem das Kleine, Szenische. Wenn Frisch die Berliner Kälte beschreibt oder das Gefühl, wenn Greifbares wieder verschwindet. Mehr Privates hätte sich Kuhlbrodt beim Lesen dieser Aufzeichnungen womöglich auch aus diesem Grund gewünscht. Leider haben die Herausgeber diese Dinge ausgespart, wie der Rezensent mit spürbarer Enttäuschung vermerkt. Kuhlbrodt bescheidet sich also mit der Lektüre von Schriftstellerporträts zu Andersch, Biermann, Enzensberger, mit Frischs Sorgen um seine Produktivität und sein Gedächtnis oder mit seinen Ausführungen über die Kultureliten Ostberlins. Was der Autor darüber notiert, findet der Rezensent klug und interessant genug.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.01.2014

20 Jahre lagen Max Frischs Berliner Notizen - wie der Autor selbst einräumt: bereits mit Blick aufs Publikum verfasst und formuliert - im Safe, noch dazu wurden sie im Anschluss mit Rücksicht auf Frischs damalige Ehefrau bearbeitet, berichtet Rezensentin Sabine Vogel, die sich auch wegen Frischs Ankündigungen, der Text enthalte "viel Krudes, viel Selbstgerechtigkeit", vor allem auf Klatschmaterial einstellt. Doch die Erwartungen werden, wenngleich durchaus zum Besseren, enttäuscht, auch wenn der deutlich komponierte Text über Frischs Zeit in Friedenau über weite Strecken "faszinierend banal" ausfällt. Darin finden sich viele Beobachtungen zum Alltag, Selbstreflexionen und Alterssorgen, daneben kleine, narrative Kunststückchen, schreibt die Kritikerin weiter. Zu einer literaturhistorischen "Fundgrube" wächst sich das Bändlein für sie allerdings in den nüchternen, sorgfältig erstellten Porträts seiner Autorenkollegen aus, wenngleich erst Frischs Aufzeichnungen zu seinen Reisen nach Ost-Berlin die Rezensentin wirklich begeistern wollen: Hier, nicht in der kleinbürgerlichen Welt Friedenaus, regt sich Frischs Interesse ganz ungemein, er lernt den offiziellen Literaturbetrieb und neben den lebensfreudigen Dissidenten auch das graue Untertanentum kennen. Das ist "Zeitzeugenschaft vom Feinsten", freut sich Vogel.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.01.2014

Mit einer ausladenden Besprechung würdigt Rezensent Martin Meyer die als "Berliner Journal" betitelten Tagebücher Max Frischs aus den Jahren 1973 und 1974. Der Kritiker will sich gar nicht darüber beklagen, dass diesen Werken die für Frisch typischen philosophischen Themen oder atmosphärischen Naturschilderungen fehlen - denn viel zu angetan ist er von dieser Reise in das Innere des Autors. Er liest etwa von Frischs Anfängen in Berlin, seiner Beziehung zu seiner Frau Marianne, Selbstzweifeln und Freundschaften zu Dichterkollegen oder seinem Verhältnis zur Schweiz. Die nahezu "obsessive" Unzufriedenheit mit sich selbst, die Meyer hier häufig liest, habe Frisch teilweise in Form von harter Kritik auf Schriftstellerkollegen übertragen, berichtet der Kritiker, der dieses Buch nicht nur mit großem Interesse, sondern auch mit Vergnügen gelesen hat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.01.2014

Keine Marginalie sind diese an die Tagebücher des Autors anschließenden Texte für Jörg Magenau. Mit ihnen erlebt der Rezensent nicht nur Max Frisch, wie er leibt und lebt, aufmerksam, kritisch, selbstkritisch. Sondern er erkennt auch, was einen Schriftsteller ausmacht: nicht Verlautbarung, sondern genaue Wahrnehmung und Ausdruck und das Ringen darum. Frischs Neugier, die den Autor immer wieder aus dem gemütlichen Westen in den Berliner Osten zu Jurek Becker, Christa Wolf und anderen reisen lässt, ist dabei für Magenau ausschlaggebend. So entstehen die knappen, präzisen Kollegenporträts und die treffenden Beschreibungen der Ostberliner Lebenswirklichkeit, präsentiert sich Frisch in all seiner thematischen Vielfalt und seinem psychologischen Gespür.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.01.2014

Mit Ärger und Unverständnis reagiert Rezensent Volker Weidermann auf die Entscheidung des Suhrkamp-Verlages, Max Frischs zwischen 1973 und 1980 entstandenes "Berliner Journal" nur in Auszügen herauszugeben. Allzu lange möchte sich der Kritiker mit dieser Wut aber nicht aufhalten, denn dazu ist er viel zu begeistert davon, noch einmal von Max Frisch zu lesen. Wie "Magie" erscheint es Weidermann, Frisch plötzlich noch einmal so gegenwärtig zu erleben: Er folgt den Gedanken des Autors zu alten Texten, zu seiner Ehe mit Marianne, mit der er gerade nach Berlin Friedenau in die Nachbarschaft von Johnson, Enzensberger und Grass gezogen ist, aber auch zu Todesahnungen, Selbstmordwünschen und Überdruss. Schlichtweg brillant findet der Rezensent die Porträts, die Frisch etwa von Christa Wolf, Jurek Becker oder Uwe Johnson zeichnet. Und so hofft er, irgendwann doch noch das ganze Werk lesen zu dürfen.
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