Der frühere Filmkritiker, Drehbuchautor und Regisseur
Paul Schrader war immer der Außenseiter unter den Hollywood-Insidern. Darauf, dass die Branche in den letzten ein, zwei Jahrzehnten von ihren Mavericks und Haudegen kaum mehr etwas wissen wollte, hat er gut reagiert: Eingeigelt in einer Nische zwischen Festivals, Streaming, unabhängigen Finanziers und kleinen Kinostarts hat er die letzten sechs Jahre
drei Filme gedreht, die eine lose Trilogie formen und in ihrer spröden Form an Schraders Anfänge als Filmtheoretiker über den "transcendental style" zurückführen - eine Form, die er bis dahin (in den Filmen Ozus, Dreyers und Bressons) nur beschrieben, aber in eigenen Werken nicht umgesetzt hat. Nach dem Festivalrun (
unser Resümee) erreicht sein aktueller Film "Master Gardener" nun auch die Öffentlichkeit - und um bissige Kommentare ist Schrader auch im Alter
nicht verlegen: "Die Krise beschränkt sich nicht allein auf die Filmkritik. Sie ist eine
Krise der Filmkultur und umfasst das Publikum, die Finanziers, die Künstler und die Kritiker. Es gab mal eine Zeit, als die Filmkritik aufblühte. Aber das lag daran, dass das Publikum
bessere Filme wollte. Es gab da einen Wandel von 'Lass' mal ins Kino gehen' zu 'Komm, wir schauen uns einen Film an'. Wie bekommt man raus, was man sehen will? Man liest! Das machte Filmkritik zu einem
intellektuellen Beruf der Elite, geschaffen vom Markt. Als sich dieser Markt und als sich Print wandelte, verging das. Heute gibt es mehr Filmkritiker als jemals zuvor in der Filmgeschichte. Jeder hat ein Blog. Aber nur eine Handvoll kann davon leben und es ist schwierig, dies ein Leben lang aufrecht zu erhalten. Wenn man also über
diese vierbeinige Kreatur namens Filmkultur spricht, dann wird ein einzelnes Bein dieses Pferd nicht mehr vom Boden bringen. Die Filmkritik schafft das nicht alleine. Wenn das Publikum mit einem Mal Hunger auf engagiertere Filme bekäme, könnte sich das vielleicht ändern. Als wir in den Sechzigern und Siebzigern durch zahlreiche kulturelle Krisen gingen - der Anti-Militarismus, die Bürgerrechte, Frauenrechte, Schwulenrechte, sexuelle Freiheit - blühten die Filme auf, weil die Leute wissen wollten,
was eigentlich gerade los ist. Um was es geht es beim Partnertausch? Darüber gibt es einen Film, 'Bob & Carol & Ted & Alice' von 1969. Aber wenn das Publikum keine wichtigen Filme will - Filme, die, auch wenn sie schlecht sind,
wichtige Themen ansprechen -, dann ist es auch schwierig, gute Filme zu drehen."