Zeruya Shalev

Schmerz

Roman
Cover: Schmerz
Berlin Verlag, Berlin 2015
ISBN 9783827011855
Gebunden, 368 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Vor zehn Jahren ist Iris bei einem Terroranschlag schwer verletzt worden. Zwar ist sie in ihr altes Leben zurückgekehrt, sie leitet eine Schule, ihr Mann steht ihr treu zur Seite, die Kinder sind fast erwachsen, doch quälen sie Tag für Tag Schmerzen. Als sie Eitan wiederbegegnet, der Liebe ihrer Jugend, der sie vor Jahren jäh verlassen hat, wirft sie das völlig aus der Bahn. Die Wunde, die er ihr damals zufügte, ist nicht weniger tief als die, die der Selbstmordattentäter, der sich neben ihr in die Luft sprengte, riss. Und doch fühlt sich Iris, zaghaft, überrascht, erneut zu ihm hingezogen, ist versucht, ihrer Ehe zu entfliehen, die ersten Lügen zu stricken, alles aufs Spiel zu setzen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 24.10.2015

Keinen Hehl macht Rezensent René Hamann, hauptberuflich Meinungsredakteur der taz, daraus, mit Shalevs Stil wenig anfangen zu können. Auch "Schmerz" sagt ihm, gelinde gesagt, nicht zu, was auch daran liegen mag, dass die Autorin sich darin vor dem Hintergrund eines Selbstmordattentats in Israel mit Fragen der Liebe und der persönlichen Lebensführung befasst und jeden Kommentar zur Lage im Nahen Osten vermeidet. Auch reibt sich der Rezensent daran, wie kleinfaserig Shalev ihr Sujet erzählerisch zerteilt und dabei stilistisch "gewöhnungsbedürftig" bleibe. Den Fans der Autorin, die deren Bücher in den Stand junger Klassiker emotionaler Literatur gehoben hätten, kann der Kritiker das Buch reinen Herzens empfehlen. Ihn hat es mit seinen "Satzgirlanden" und "selbstverliebten Redundanzen" eher gelangweilt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.10.2015

Rezensentin Katharina Teutsch ist hin- und hergerissen von Zeruya Shalevs neuem Roman. Das Thema Schmerz behandelt die Autorin in ihrer in Israel angesiedelten Familiengeschichte mit deutlichem Schlag ins Sentimentale, wenngleich ohne Larmoyanz. Liebesschmerz, Lebensschmerz, körperlicher Schmerz, dekliniert Teutsch gemeinsam mit der Protagonistin und möchte das Buch aus der Hand legen, wenn die Figur, eine gestandene Mutter und Schulleiterin, angesichts einer wiederauftauchenden alten Liebe ihre Ehe in Zweifel zieht. Doch dann überrascht die Autorin die Rezensentin, indem sie eben nicht dem Kitsch der Passion anheimfällt, sondern der Geschichte durch eine andere Konfliktlage neuen Drive gibt und die Mechanismen der Ehe subtil schildert.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.10.2015

"Schmerz" ist seit "Liebesleben" der beste Roman Zeruya Shalevs, versichert Rezensentin Meike Fessmann, die die israelische Autorin ohnehin für ihre furiose Intensität und ihr außergewöhnliches Pathos bewundert. Sie folgt hier der Familienmutter Iris, die zehn Jahre nach einem Bombenattentat in Jerusalem nicht nur plötzlich wieder die damals erlebten Schmerzen spürt, sondern in der Schmerzambulanz ihrer großen Liebe wiederbegegnet. Die Kritikerin meint geradezu den Zorn, das Verlangen und die Schuldgefühle der Protagonistin zu spüren, so eindringlich schildert Shalev das Bewusstsein der Heldin. Darüber hinaus sieht Fessmann hier große Themen verarbeitet wie die Glorifizierung der Mutterschaft, das Generationenverhältnis, die Angst vor Anschlägen und die Militärzeit der Söhne als Hintergrundrauschen dieses Romans, der der begeisterte Rezensentin nicht zuletzt die Konfrontation zwischen neuen Liebes- und Lebensmodellen und traditionellen Werten in der israelischen Gesellschaft vor Augen führte.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 19.09.2015

Elmar Krekeler ahnt die Wahrheit hinter den Geschichten von Zeruya Shalev: Dass er auch so ist oder wird wie ihre Figuren, dass er die gleichen Seelenqualen kennt. An Shalevs Fähigkeit, die Untiefen der Familie und der Paarbeziehung auszuloten, hat er keinen Zweifel. Ebenso wenig an der Treffsicherheit ihres Tons. Wenn die Autorin nun eine Paarbeziehung um das traumatische Schmerzerlebnis eines Selbstmordanschlags herum gruppiert, scheint Krekeler dieses Zentrum fast zu mächtig für die eher kleine Beziehungsgeschichte. Doch die Präzision der Erzählung zieht den Rezensenten letztlich in den Text hinein und lässt ihn schärfer sehend daraus hervorgehen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 10.09.2015

In ihrem neuen Roman "Schmerz" ist Zeruya Shalev in Liebesdingen ein wenig pragmatischer und reifer geworden, nachdem sie in ihren früheren Büchern sämtliche Extreme des Gefühls durchlaufen hatte, erzählt Rezensentin Iris Radisch anlässlich eines Besuchs bei der Autorin in Israel. Elemente im Leben der sechsundfünfzigjährigen Autorin sind hier Fiktion geworden, erklärt sie weiter: ein Anschlag auf die Residenz des Ministerpräsidenten 2004, bei dem Shalev verletzt wurde, Geschichten ihrer Eltern von der verlorenen großen Liebe und ihr Leben in Israel, zählt Radisch auf. Was aus früheren Werken erhalten geblieben ist, sind die biblischen Bezüge, die Shalevs Bücher seit jeher in einer mythisch-religiösen Tradition verankert haben, sowie ihr  Einfühlungsvermögen in die weibliche Seele, erklärt die Rezensentin, deren lobender Artikel insgesamt alle Bücher Shalevs umfasst.