Ulrich Peltzer

Das bessere Leben

Roman
Cover: Das bessere Leben
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2015
ISBN 9783100608055
Gebunden, 448 Seiten, 22,99 EUR

Klappentext

Was hält unsere undurchschaubare Welt zusammen: Träume, Geldströme, Gott oder der Teufel? Im 20. Jahrhundert diskutierten, lebten und kämpften junge Menschen an amerikanischen Universitäten, in Frankfurt und Moskau für eine gerechte Ordnung, für eine bessere Zukunft. Doch die Utopien sind in Terror umgeschlagen. Wir leben in einer radikal kapitalistischen Welt, unsere Gegenwart scheint undurchschaubar. Was ist aus unseren Utopien, Sehnsüchten und Träumen geworden? Aus ehemaligen Revolutionären sind Manager geworden, Akteure der Wirtschaft. Sie sind involviert in globale Geschäfte zwischen Mailand, Südamerika und China, ihre Deals sind dubios. Haben sie alles verraten? Was heißt es heute in dieser Welt, gut zu leben? Was wäre das bessere Leben?

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 25.07.2015

Aufgeregt und beglückt schweift Dirk Knipphals durch diesen Roman, der mit seinen aufgesprengten Sätzen, dem Alltag abgelauschten zerrissenen Dialogen, seinen fahrigen Collagen und seinen großzügigen Zeitsprüngen durchs 20. Jahrhundert eine solche Lektüre nahelegt. Einerseits geht es ums große Ganze - Globalisierung, linke Diskurse, Finanzwelt - andererseits um das ganz Kleine, das Peltzer einfängt wie derzeit kein anderer, so Knipphals. Peltzers Methode sei dabei, konkrete Details und Alltagsdialoge zu verwenden, mit all den Unregelmäßigkeiten und Pausen, die wörtliche Sprache nun mal mit sich bringe. Kurz: eine "sehr intensiv erlebte Rede". Dies ist kein politischer Roman, der nach Erklärungen sucht, so Knipphals abschließend, sondern ein "Gegenwartsroman", der auf der Höhe der aktuellen linken Theorien "ein Eigenrecht des Literarischen behauptet".

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 25.07.2015

In seinem neuen Roman "Das bessere Leben" beschreibt Ulrich Peltzer anhand dreier Manager-Typen - zwei Männern, einer Frau - das Leben der modernen Handlungsreisenden, die mit horrenden Summen schachernd den Geldströmen hinterherhetzen und zwischen Flughafen-Check-In und Boarding ihr Privatleben am Telefon runterrasseln, fasst Paul Jandl zusammen. Die drei Figuren, deren Welt sich zwischen Zufall und berechenbarem Risiko abspielt - "Gott lacht über Pläne", heißt es im Buch - nehmen sich aus wie ein "Familientreffen von Ex-Idealisten", das der Autor ironischerweise sehr planvoll arrangiert, findet der Rezensent. Bei all den Ideologien, die in Peltzers Roman aufploppen, findet es Jandl spannend, wie ideologiefrei der Autor selbst bleibt. Das kann manchem zu wenig sein, der nicht mit den Figuren vor dem Gewirr ihrer Welt kapitulieren möchte, warnt der Rezensent noch.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.07.2015

Mit dem Versicherungshändler Sylvester Lee Fleming, der sich für das "Back-up der Weltwirtschaft" verantwortlich fühlt und sein eigenes Geschäft als Risikomanagement betrachtet, hat Ulrich Peltzer einen großartigen Antihelden erschaffen, der stellvertretend "die Existenz des flexiblen Menschen im heutigen Kapitalismus" verlebt, wenn auch auf höchstem Niveau, berichtet Patrick Bahners begeistert. Der andere Protagonist ist Jochen Brockmann, mit dem sich Fleming über ihrer beider ersten "Gehversuche auf dem Endlosband der Akkumulation" unterhält, so der Rezensent. Peltzer zeichnet in diesem Roman das erschreckende Bild einer Gegenwart der verschwindenden Spielräume möglicher Aufklärung, fasst Bahners zusammen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.07.2015

Harald Jähner entdeckt Altbekanntes in Ulrich Peltzers neuem Werk: Schon in dessen Vorgängerromanen habe es nur so vor ehemaligen Linken gewimmelt, die heute als Investoren oder Manager arbeiten. Auch seine subjektivistische Erzählweise habe der Autor immer weiter perfektioniert. Statt mit einem allwissenden Erzähler bekomme es der Leser nun mit den Bewusstseinsströmen der Figuren zu tun, mit ihren Gedanken und Erinnerungen. Allerdings belasten die Auslassungen und Sprünge in Jähners Augen die Nerven des Lesers erheblich. Vom offenbar arg strapazierten "Zauber des Zufalls" zeigt sich der Rezensent latent genervt und gibt am Ende seiner Besprechung ein weiteres vermeintliches Problem des Romans zu bedenken. Seine Vermutung: Den "diffusen Weltschmerz" der beschriebenen Generation "können die Jüngeren nicht mehr nachvollziehen."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.07.2015

Für Gustav Seibt meldet sich in Gestalt von Ulrich Peltzer "der Fachmann für politisch informierte Zeitdiagnose" zu Wort, Folie des Geschehens sei diesmal die globalisierte Wirtschaftswelt in der Vorkrisenzeit von 2008. Der Kritiker zeigt sich beeindruckt vom "kulturellen Gepäck" des Werkes, vermutet aber auch, dass der zeitgeschichtliche Hintergrund manchen (jüngeren) Leser überfordern dürfte - genauso wie die Fülle an Stoff und Figuren. Stilistisch vertraue Peltzer erneut dem Genre des Bewusstseinsromans, schreibt Seibt, samt erlebter Rede und eingestreuten Dialogen. Wegen dieses Mittels fehle es dem Buch allerdings an einer analytisch-reflexiven Ebene, bedauert der Kritiker. So findet er "Das bessere Leben" letztlich "ästhetisch konsequent, aber intellektuell unbefriedigend".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.07.2015

Das häufigste Problem politischer Romane ist die " Vereinfachung im Namen der guten Sache", weiß Ijoma Mangold. Werden sie komplexer, verlieren sie an kritischer Distanz, erklärt der Rezensent. Ulrich Peltzer stellt sich in seinem Roman "Das bessere Leben" nun der Herausforderung, weder einfach noch affirmativ zu werden, was ihm gelingt, indem er die Biografien seiner Hedgefond-Manager mit einer linken Vergangenheit anreichert und ihre aktuellen Einstellungen als "Transformationen ursprünglicher Energien" beschreibt, so Mangold. Das Problem des Buches ist nur, dass es an einer übergeordneten Erzählinstanz mangelt: da das Geschehen dem Autorwillen unterworfen ist und dem Leser mit den Figuren Informationen vorenthalten werden, stellt sich Peltzers Wirklichkeit oft unnötig komplex dar, erklärt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.07.2015

Roman Bucheli geht Ulrich Peltzer nicht auf den Leim: Da kann sich der Autor tot stellen, so viel er will, der Rezensent erkennt sein absichtsvolles Spiel mit der "Ästhetik der Planlosigkeit". In seinem Roman folgt Peltzer drei zu zynischen Karrieristen verkommenen Idealisten über den gesamten Globus, von Zürich über Amsterdam nach Sao Paulo, nur die unwahrscheinlichsten Zufälle führen sie zusammen. Bucheli sieht bald ein, dass er seine Sehnsucht nach einem inneren Zusammenhang der Welt und des Lebens aufgeben muss, wie es einst Peltzers Protagonisten getan haben dürften. Dass sich der Autor hier seiner Aufgabe der "Kontingenzbewältigung" entzieht, imponiert Bucheli, "poetische asset recovery" sei mit Peltzer nicht zu haben. Bucheli findet die Konsequenz bewunderungswürdig, mitunter allerdings auch etwas "übercodiert".
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