Stefan Matuschek

Der gedichtete Himmel

Eine Geschichte der Romantik
Cover: Der gedichtete Himmel
C.H. Beck Verlag, München 2021
ISBN 9783406766930
Gebunden, 400 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Mit der Aufklärung, mit der intellektuellen Mündigkeit gegenüber traditionellen Glaubenslehren kam zugleich die Nostalgie: die Trauer über den Verlust an Ganzheitlichkeit im Denken und Leben. Die Romantik schaffte hier Abhilfe, ohne rückwärts zu gehen: Sie erschuf einen neuen Himmel, der keiner metaphysischen Absicherung bedarf. Der Literaturwissenschaftler Stefan Matuschek blickt in seinem Epochenporträt weit über Deutschland hinaus, nach England und Schottland, nach Italien und Frankreich, und schildert die Romantik als großen Impuls der Moderne, der bis in die Gegenwart hineinwirkt. Die Romantik ist die Kunst, metaphysische Luftschlösser zu bauen. Sie weiß, dass ihr Himmel, wo immer sie ihn errichtet, nur ein erdichteter ist, und findet in ihm dennoch Zuflucht von der metaphysischen Obdachlosigkeit des modernen Menschen. Aus dieser Perspektive erschließt Stefan Matuschek in seiner brillanten Darstellung der Epoche die Neuerungen, die mit der Romantik in die Welt kamen: von der blauen Blume bis zur Kunstreligion, von der romantischen Ironie bis zur Schauerromantik, von der Renaissance des Mittelalters bis zur Utopie der Volkstümlichkeit. Dabei war die Romantik keineswegs nur eine deutsche Angelegenheit. Stefan Matuschek stellt uns ihre europäische Vielfalt vor Augen. In seinem weit gespannten Panorama begegnen wir Literaten wie den Schlegel-Brüdern, Goethe und Eichendorff, Keats und Shelley, Victor Hugo und Alessandro Manzoni, außerdem Philosophen, Malern und Komponisten der Zeit. Überall reagierten die Romantiker auf drei Großereignisse der Epoche: die Französische Revolution, die Revolution der Lesekultur und die Nationalisierung in der Folge von Napoleons Imperialismus.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.10.2021

Rezensent Lothar Müller liest zwei Neuerscheinungen zur Romantik im Vergleich: Sowohl die Darstellung des Literaturwissenschaftlers Rüdiger Görners als auch das Werk seines Kollegen Stefan Matuschek betten die deutsche Romantik in die europäische ein, erkennt der Kritiker. Die Autoren verfolgen allerdings unterschiedliche Ansätze: Bei Matuschek geht die Romantik aus der Aufklärung hervor, er konzentriert sich auf Novalis, auf Friedrich Schlegels Konzept der "progressiven Universalpoesie", nimmt den Katholizismus Chateaubriands ebenso in den Blick wie die Gedichtsammlungem der englischen Lake Poets, resümiert Müller. Sein Zentrum ist dabei die "Kippfigur", die das "Wunderbare und den Alltag ineinander übergehen" lässt, fährt der Kritiker fort, der über ein paar Lücken, etwa über den Salon von Rahel Varnhagen oder die Weltreise von Adalbert Chamisso hinwegsehen kann. Eine Gegenüberstellung mit der Weimarer Klassik hätte der Kritiker in diesem, wie er findet, detailreichen Überblickswerk, allerdings gern gesehen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.08.2021

Der hier rezensierende Literaturwissenschaftler Werner von Koppenfels staunt nicht schlecht, dass die beiden Neuerscheinungen von Rüdiger Görner und Stefan Matuschek Rüdiger Safranskis "Romantik - Eine deutsche Affäre" fast komplett ignorieren - wirbt doch Görners Verlag immerhin damit, dessen Studie sei die überfällige "Gegenthese" zu Safranski. Davon abgesehen liest der Kritiker die beiden neuen "essayistischen" Studien mit Gewinn: Die Bedeutung von England und Frankreich neben Deutschland für die Romantik stellen beide Autoren deutlich heraus, nationale Gemeinsamkeiten und Unterschiede nehmen beide in den Blick. Während Matuschek anhand zahlreicher, oft assoziativ gegenübergestellter Beispiele aus Lyrik, Prosa und bildender Kunst und unter Berücksichtigung weit gespannter historischer Bezüge dem Leser einige Mühen abverlange, den Überblick zu behalten, erscheint dem Rezensenten Görners Studie klar nach Gattungskriterien strukturiert. Matuscheks Studie überzeugt durch den Ausblick auf die Moderne, lobt Koppenfels, auch wenn er ein wenig schlicht ausfalle. Görners kenntnisreiche Führung durch die "highways und byways" der Romantik nimmt ihn hingegen mit in spannende, ungewöhnliche Gebiete, etwa zu Andersen und Puschkin. Dass beide Autoren bei der Fülle an Informationen einiges auslassen, will der Rezensent ihnen nicht ankreiden.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.07.2021

Rezensent Oliver Pfohlmann erzählt beschwingt von Stefan Matuscheks Epochenporträt "Der gedichtete Himmel", das zu ergründen versucht, ob die Romantik ein deutsches oder nicht doch gesamteuropäisches Phänomen gewesen sei.  Hierfür wechselt er dem Rezensenten zufolge geschickt von groben Überblicken zu geistreichen Detailbeobachtungen. Dass er dabei das romantische Phänomen und den romantischen Diskurs unterscheidet, findet Pfohlmann "klug". Überraschen konnte ihn der Autor mit dem konstanten und vergleichenden Bezug der Epoche auf den "europäischen Kontext" und den Einsichten, die daraus entstehen. Nur über den durch die Nationalisierung besonders in der Romantik vertretenen Antisemitismus, zum Beispiel in den Erzählungen der Gebrüder Grimm, hätte er gerne mehr gelesen, schließt er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.04.2021

Rezensent Harro Zimmermann lässt sich von Stefan Matuschek die Romantik als Stilphänomen erklären, nicht als Gefühlsaufwallung vs. Aufklärung. Zimmermann gefällt das, ebenso, dass der Autor die Romantik als gesamteuropäisches Phänomen betrachtet. Wenn Matuschek sich der romantischen Literatur und insbesondere der literarischen "Kippfigur" zuwendet, die Deutungen anbietet und zugleich ihre Fiktion nicht verhehlt, folgt Zimmermann dem Autor mit Gewinn.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 09.04.2021

Rezensent Katharina Teutsch vergleicht Stefan Matuscheks Darstellung der Romantik mit derjenigen bei Rüdiger Safranski und findet Matuscheks Ansat ungleich freundlicher, leserfreundlicher auch, da der Autor auf Großthesen verzichtet, wie sie feststellt, und die Romantik eher als andere Seite der Aufklärung betrachtet. Dass der Autor die Brüder Schlegel als Motoren der literarischen Moderne zeigt, leuchtet Teutsch ein. Matuscheks Ausweitung des Themas auf Politisches, Wissenschaft und andere Nationalromantiken versorgt die Rezensentin mit kostbarem Wissen.