Sidonie Nadherny von Borutin

Gartenschönheit oder Die Zerstörung von Mitteleuropa

Sidonie Nádherny - Briefe an Václav Wagner 1942-1949
Cover: Gartenschönheit oder Die Zerstörung von Mitteleuropa
Wallstein Verlag, Göttingen 2015
ISBN 9783835316188
Gebunden, 342 Seiten, 24,9 EUR

Klappentext

Mit Dokumenten, herausgegeben von Friedrich Pfäfflin und Alena Wagnerová. Václav Wagner (1893-1962), einer der führenden Denkmalpfleger der Ersten Tschechoslowakischen Republik, hat sieben Jahre lang, zwischen 1942 und 1949, die Schlossherrin von Janowitz, Sidonie Nádherný (1885-1950), beraten: Gegen die Deutschen, die 1942 den SS-Truppenübungsplatz Böhmen südlich von Prag anlegten und über 30.000 Menschen von Haus und Hof vertrieben; gegen die Russen, deren Rote Armee Schloss und Park und das Janowitzer Außenlager des KZ Flossenbürg befreiten; gegen die Tschechen, die das Gebiet des Truppenübungsplatzes militärisch übernahmen und weiterhin nutzten. Als Sidonie Nádherný im Herbst 1946 an ihren Ort zurückkehren konnte, den Rainer Maria Rilke bewundert und Karl Kraus geliebt hatte, war das Schloss unbewohnbar, der Park verwüstet, alle "Gartenschönheit" zerstört. 1948 wurde der Besitz durch Klement Gottwalds Bodenreform enteignet. Die Besitzerin floh 1949 nach England, nachdem ihr Beschützer, Václav Wagner, verhaftet worden war. Alena Wagnerová, die Biografin von Sidonie Nádherný, und Friedrich Pfäfflin, Mitherausgeber der Briefe von Karl Kraus und Rainer Maria Rilke an Sidonie Nádherný, erzählen anhand von Dokumenten und Briefen die Geschichte eines Ortes, an dem Karl Kraus, geschützt von der Mauer eines Schlossparks, das monumentale Drama "Die letzten Tage der Menschheit" geschrieben hat.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.11.2015

Rezensentin Beatrice von Matt hat diesen von Friedrich Pfäfflin und Alena Wagnerova sorgfältig editierten Band mit Gewinn gelesen. Denn in den hier versammelten Briefen, die Sidonie Nadherny an den Prager Denkmalpfleger Vaclav Wagner zwischen 1942 und 1949 sandte, lernt die Rezensentin die eindrucksvolle Baronin erstmals im eigenen Wortlaut kennen. Tief beeindruckt liest die Kritikerin nach, wie tapfer und souverän Nadherny ihr Schlossgut Vrchotovy Janovice zunächst gegen die Beschlagnahmung durch die Nazis, die dort Konzentrationslager aufstellen, zu verteidigen sucht, es später vor der Rote Armee und danach vor den tschechischen Truppen bewahren will, um 1948 schließlich endgültig enteignet zu werden. Mit großem Interesse liest die Rezensentin hier nicht nur nach, wie Nadherny von ihrer großen Liebe zu Karl Kraus erzählt, sondern lobt dieses lesenswerte Buch insbesondere als verdienstvolles Zeugnis, das die Zerstörung des alten Mitteleuropas eindringlich vor Augen führt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.09.2015

Mit großem Respekt bespricht Rezensent Hannes Hintermeier das in aufwändiger Recherche entstandene Werk "Gartenschönheit oder die Zerstörung Mitteleuropas" von Friedrich Pfäfflin und Alena Wagnerova. Nicht nur Liebhabern möchte der Kritiker dieses Buch empfehlen, denn die hier versammelten Briefe der Schlossherrin Sidonie Nadherny von Borutin, die ab 1942 den Prager Denkmalschützer Vaclav Wagner immer wieder um Hilfe bei der Rettung ihres Schlosses im Park von Jannowitz bat, sind zum einen intime und hingebungsvolle Zeugnisse einer schutzbedürftigen Frau. Zum anderen aber liest der Rezensent hier neben den beigefügten Gedichten von Karl Kraus interessante Details zur schrittweisen Enteignung des Schlosses, zunächst durch die Deutschen, dann durch die Soldaten der Roten Armee und schließlich durch die tschechische Besatzung. Nicht zuletzt dank der lehrreichen Porträtskizze Wagners und dem instruktiven Kommentar ist dieses Buch ein ausgezeichnetes Tableau über Verlust und Niedergang Mitteleuropas, schließt der Kritiker.
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