Shumona Sinha

Kalkutta

Roman
Cover: Kalkutta
Edition Nautilus, Hamburg 2016
ISBN 9783960540106
Gebunden, 192 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Lena Müller. Shumona Sinha erzählt von einer verlorenen Kindheit in Indien, zwischen gestern und heute, zwischen der Familien- und der politischen Geschichte. Nach vielen Jahren in Frankreich kehrt Trisha anlässlich der Einäscherung ihres geliebten Vaters zurück in ihre Geburtsstadt Kalkutta. Im verlassenen Haus der Familie, in dem sie aufgewachsen ist, schicken die Möbel und vertrauten Gegenstände aus alten Tagen ihre Gedanken auf eine Zeitreise in die Vergangenheit. Da ist zum Beispiel die rote Steppdecke, die sie nicht nur an die Hausierer erinnert, die solche Decken anfertigten, sondern auch daran, wie sie eines Nachts ihren Vater dabei beobachtete, wie er in ebendieser aufgerollten Decke einen Revolver versteckte. Oder das kleine Fläschchen mit Hibiskusöl, mit dem man ihrer Mutter Urmila die Kopfhaut massierte, wenn diese wieder einmal von schwerer Melancholie überwältigt wurde. Indem Trisha sich in die Kratzer und Risse dieser Objekte, der Möbel, des Hauses versenkt, ersteht die Vergangenheit mehrerer Generationen einer Familie wieder auf, und damit auch die kollektive, politische Vergangenheit Westbengalens - von der britischen Kolonialzeit bis zur jahrzehntelangen kommunistischen Regierung seit den späten 1970er Jahren.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.04.2017

Anja Hirsch erlebt die in Paris lebende indische Autorin Shumona Sinha in ihrem neuen Roman als starke Erzählerin eines fragilen Stoffes. Poetisch verdichtet findet Hirsch die Sprache der Geschichte um eine nach Kalkutta zurückkehrende junge Frau, die sich an ihre Kindheit erinnert und dabei Privates und Allgemeines miteinander verknüpf, sodass Hirsch nicht nur eine Familiengeschichte kennenlernt, sondern auch das lange Zeit kommunistische Kalkutta. Dass manches Erinnerte in der Geschichte etwas unverbunden wirkt, gehört laut Rezensentin zum Ton dieser Prosa dazu.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.08.2016

Angela Schader erkennt den autobiografischen Grund von Shumona Sinhas drittem, nun auf Deutsch zu lesendem Roman. Wie die Autorin die Geschichte der Heimkehr ihrer Protagonistin mit der politischen Geschichte Westbengalens und einer sich in mythischen Vorzeiten verlierenden Familienchronik verbindet, hat Schader gut gefallen. Bezaubernd scheint ihr die literarische Sensibilität der Autorin selbst da, wo sie Beunruhigendes schildert. Einprägsam und rhythmisch ausgewogen, nuanciert durch Szenerien aus ihrer Heimatregion, vermittelt ihr Sinha kein geschöntes Bild, sondern übt auf differenzierte Weise Gesellschaftskritik, so Schader.