Peter Longerich

Hitler

Biografie
Cover: Hitler
Siedler Verlag, München 2015
ISBN 9783827500601
Gebunden, 1296 Seiten, 39,99 EUR

Klappentext

Ob Außenpolitik und Kriegführung, Terror und Massenmord, Kirchenpolitik, Kulturfragen oder Alltagsleben der Deutschen - überall bestimmte Hitler, bis in Details hinein, die Politik des Regimes. Durch seine persönlichen Entscheidungen prägte er es auf eine Weise, die bislang unterschätzt wird. Konsequent zerschlug er Machtstrukturen, die ihn behinderten, und schuf stattdessen eine Führerdiktatur - in seiner schließlich fast grenzenlosen Macht war er auf die Zustimmung der Bevölkerung nicht mehr angewiesen. Diese Biografie rückt die Person Hitler und ihr Handeln in das Zentrum der Geschichte des Nationalsozialismus: Denn erst das Zusammenspiel der Kräfte, die Hitler bewegten, mit jenen, die er selbst in Bewegung setzte, lässt uns erkennen, was das 'Dritte Reich' im Innersten zusammenhielt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.05.2016

Rezensent Christoph Jahr hat hohe Erwartungen an die Hitler-Biografie des NS-Kenners Peter Longerich. Ihm gefallen der sachliche Stil und der Verzicht auf Psychologisierung und teleologische Deutungen. Hitler als Bloßstellung fürchtenden Durchschnittsmenschen von großer Entschlossenheit zu sehen, wie es der Autor vorschlägt, scheint Jahr allerdings nicht zu befriedigen. Das Schicksal einer ganzen Gesellschaft im 20. Jahrhundert sieht er damit nicht restlos erklärt. Zu wenig bezieht ihm Longerich die Mitverantwortung der Eliten und der gesamten deutschen Gesellschaft in seine Darstellung mit ein. Aufgrund dieser Leerstellen kann Jahr das Buch zwar guten Gewissens als solide und flüssig geschrieben bezeichnen. Doch fehlt ihm der Schwung einer zugespitzten These, um Hitler farbig erscheinen zu lassen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.04.2016

Winfried Heinemann erkennt den "hitlerzentristischen" Ansatz von Peter Longerichs Darstellung. Hitler als politischer Märtyrer, sein tief sitzender Judenhass, seine Schützengrabenerfahrungen, all das fließt prominent ein in die Biografie, meint Heinemann. Dass der Autor auch eine Gesamtgeschichte des "Dritten Reiches" anstrebt, gefällt ihm. Longerichs Quellenbehandlung sieht Heinemann kritisch. Einerseits anerkennt er die Verwendung der Goebbels-Tagebücher und der Generals-Autobiografien, andererseits entgeht ihm nicht eine gewisse Einseitigkeit des Autors neuere Forschungsliteratur betreffend. Wenn Longerich etwa Umsturzversuche dem Eigeninteresse alter Führungseliten zuordnet, scheint das Heinemann an der Differenziertheit aktueller Forschung vorbeizugehen. Um so ein Vorgehen zu legitimieren, meint er, hätte der Autor abwägender argumentieren müssen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.12.2015

Selbst wenn Peter Longerichs Hauptthese voll überzeugen würde, wäre sie nicht so neu, wie der Autor glauben machen will, meint Christian Schlüter: Die Vorstellung vom Dritten Reich als einer Führerdiktatur, die Longerich hier entwirft, war schließlich das herrschende Paradigma, bis es von den Strukturalisten durch die Figur der "charismatischen Herrschaft" ersetzt wurde. Doch das sind "Interpretationsnuancen in einem vielfältig gestuften Graubereich", findet der Rezensent, der Longerich durchaus zugute hält, dem Persönlichkeitsprofil Hitlers einige für das Verständnis seines Handelns hilfreiche Facetten hinzuzufügen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 10.12.2015

Hitler geht immer, Hitler sells. Also nochmal Wiener Männerheim, Röhm-Putsch, Frankreichfeldzug? Ja, genau. Und Rezensent Ulrich Herbert, selbst ein renommierter Historiker, erzählt, dass Longerich nicht leugnet, um wieviel besser sich Biografien verkaufen als historische Monografien. Trotzdem gelingt es Longerich, durchaus ein paar neuen Aspekte beizubringen. Vor allem gilt das für die Beschreibung der Machtstrukturen: Hitler erscheint hier als skrupelloser, aber auch effizienter Kopf, der die Machtstrukturen auch deshalb gern im Vagen beließ, damit er sicher war, selbst immer das letzte Wort zu haben. Ihre Grenzen hat die Biografie für Herbert allerdings darin, dass ein komplex-düsteres Geschehen wie der Holcaust dann doch nicht auf das Wirken einer Person reduziert werden kann. Hebert ist höflich,aber er macht keinen Hehl daraus, dass er von Longerich lieber einen konzisen Essay statt einer weiteren Biografie gelesen hätte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.11.2015

Dietmar Süß hat Respekt vor der Leistung des Autors Peter Longerich. Dass der mit seiner Hitler-Biografie gegen die Vorstellung anschreibt, Hitler sei ein "schwacher" Diktator gewesen, scheint ihm bemerkenswert. Allerdings hält der Versuch, Hitler ins Zentrum der Analyse zu stellen, dem kritischen Blick des Rezensenten nicht stand. Auch wenn Hitler nicht nur Projektionsfläche war, sondern letzte Instanz des Geschehens, so Süß, ganz ohne den Blick auf die Gesellschaft ist das Dritte Reich nicht zu verstehen. Etwas weniger Ausschließlichkeit und Abgrenzungswille hätte dem Buch offenbar gut getan, das im Übrigen durch Nüchternheit und ein umfassendes Porträt Hitlers besticht, wie Süß findet.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 07.11.2015

Auch wenn Richard Herzinger beim Lesen nicht klar wird, wie Hitler seine Agenda durchsetzen konnte, der Historiker Peter Longerich vermag ihm jedenfalls ein zeitgemäßes Bild des Diktators jenseits von Tiefenpsychologie, Soziologie und Dämonisierung zu präsentieren. Entmystifizierend wirkt für Herzinger die Nüchternheit, mit der Longerich die mannigfachen Abhängigkeiten rekonstruiert, auf die Hitler seine Macht stützte. Hitler als Kontrollfreak, das leuchtet dem Rezensenten ein. Dass der Autor die deutsche Gesellschaft als Hitlers Helfer nicht ausklammert, scheint Herzinger zu beruhigen. Und auch, dass er den Diktator mit seinem Buch "in die Kontingenz" rückt.