Michael Scharang

Komödie des Alterns

Ein Roman
Cover: Komödie des Alterns
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2010
ISBN 9783518421352
Gebunden, 253 Seiten, 19,80 EUR

Klappentext

Ein Ägypter geht nach Österreich, um Maschinenbau zu studieren. Vor Studienbeginn absolviert er ein Praktikum in einem Stahlwerk. Dort trifft er auf einen jungen Österreicher; die beiden verstehen sich ausgezeichnet: Die Frage nach dem Gottesglauben beantworten sie mit Vernunft; die herrschende Ordnung erscheint ihnen dermaßen widervernünftig, daß sie ihr gerne helfen würden zu verschwinden. Da sie dazu keine Gelegenheit bekommen, beschäftigen sie sich anderweitig: Sie gehen nach Ägypten und gründen mitten in der Wüste eine Farm. Als sie sechzig sind, wollen sie dort ein Fest veranstalten. Doch jeder hat klare Indizien, dass der andere eine gemeine Intrige gegen ihn spinnt, und aus inniger Freundschaft wird erbitterter Hass. Michael Scharang spickt in seinem neuen Buch die Ideen von unverbrüchlicher Freundschaft und von Freiheit im Leben und in der Arbeit mit den Stacheln der Kritik am irrationalen und menschenfeindlichen Kapitalismus.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.07.2010

Von großem Leseglück zeugt die Kritik von Kristina Maidt-Zinke, die Michael Scharangs Geschichte vom Alter und der Freundschaft strenges Formbewusstsein und sanfte Ironie bescheinigt. Auch gefiel ihr der "absichtsvoll altmodische" Grundton des Buchs und seine Musikverliebtheit. Es geht, wie man liest, um einen alternden Autor, der aus Sicht der Kritikerin deutlich autobiografische Züge Scharangs trägt. Dann ist da noch dessen ägyptischer Jugendfreund, mit dem der Protagonist einst in der Wüste eine antikapitalistische Oase plante. Nach und nach enthüllte sich der Kritikerin beim Lesen das erstaunliche Projekt, fand sie essayistische Passagen und atmosphärische Szenen locker und unbeschwert ineinander fließen, war beim Lesen mal in Manhatten, dann wieder in der Wüste und fand insgesamt von Scharangs erstaunlichem Buch die Frage nach der Möglichkeit einer besseren Welt gestellt, was - so ihr Befund - sich Literatur heute nur selten noch zumuten würde.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.06.2010

Rezensent Georg Renöckl erzählt ein bisschen viel nach in seiner Rezension. Aber man merkt ihr an, dass er sich bei der Lektüre des Romans prächtig amüsiert hat. Zwei alte Männer, an sich Freunde, ergehen sich in Streit und Bosheiten - wegen eines Missverständnisses, das die Hassproduktion am Ende auch noch überflüssig macht. Beide Freunde, meint Renöckl, sind Alter egos des Autors. Es geht doch nichts über ein deftiges Selbstgespräch!

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.06.2010

Weder sonderlich gerührt noch amüsiert zeigt sich Daniela Strigl von Michael Scharangs Roman. Die "Komödie des Alterns", die der Autor anhand zweier befreundeter Weltverbesserer auf Sinnsuche in der ägyptischen Wüste als polyphones, in die Vergangenheit wie in die Zukunft weisendes Erzählen zu inszenieren gedachte, geht nach hinten los. Gegen das Misslingen durch Blutarmut der Geschichte, gestelzte Komik und eine der Rezensentin gehörig den Nerv raubenden Konjunktivitis helfen laut Strigl auch nicht der raue Reiz authentischer Hochschwab-Massiv-Schauplätze oder essayistische Einlagen a la Musil.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.05.2010

Rezensent Karl-Markus Gauß ist begeistert, ein bisschen zu sehr vielleicht sogar, denn er verhaspelt sich in seiner Kritik in allzu ausführlicher Nacherzählung. Dabei scheint der Roman selbst mit seinen 252 Seiten ja gar nicht so wortreich zu sein. Ein Briefroman also, ein Drama zwischen zwei Freunden, die über Jahrzehnte ihre Freundschaft in wohlgesetzten Worten feiern und am Ende durch ein Missverständnis versauern. Sehr schön ist vor allem, wie Gauß die im Titel annoncierte "Komödie des Alterns" umreißt, als eben dieses Missverständnis: ein Verkennen, dass nicht der andere an den eigenen Problemen schuld ist, sondern schlicht die Tatsache des eigenen Alterns. Gauß verspricht eine Menge interessanter Episoden über eine Farm in der ägyptischen Wüste, essayistische Momente über Haydn oder das Klettern in den Alpen und eine Ambition, die sich an keinem Geringeren als Musil misst.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.04.2010

Dem Rezensenten kommen die Tränen. Wenn Michael Scharang, dieser theoriefeste Autor, zwei alte linke Utopisten noch einmal die wilden Sechziger und Siebziger als "Schlaraffenland der Ökonomie" Revue passieren lässt, um sie schließlich endgültig zu begraben und seine Helden quasi in die Toskana zu schicken, lässt Anton Thuswaldner sich vom versöhnlichen Ende nicht täuschen. Traurig findet Thuswaldner nicht die "melancholische Elegie auf eine untergegangene Epoche", in der die Linke noch Recht hatte, sondern eben die Friedfertigkeit, in die sich die beiden alten Grantler schließlich ergeben. Da kann Scharang noch so farbenprächtig fabulieren vom Wüstenparadies und seinen Figuren gegenüber noch so gnädig sein.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.03.2010

Beim Lesen dieses Romans hat Rezensent Ekkehard Knörer die glasklar-vernünftige Luft des 18. Jahrhunderts (die auch von Goethes "Wahlverwandtschaften" und Adalbert Stifters "Hochwäldern" durchweht war) eingeatmet. Allerdings ist dies nur teilweise als Kompliment an den Autor gedacht, dessen "heiterer" Geschichte über zwei alte Freunde, die sich über einem Landschaftsprojekt in der ägyptischen Wüste zerstreiten, Knörer einen gewissen "wackeren Biedersinn" bescheinigt: Der Autor Michael Scharang mache aus Goethes "Wahlverwandschaften" ein "Stück Aufklärungsliteratur". Knörer hat zwar durchaus Sympathie für den Versuch, eine bessere Welt zu schaffen, doch bemerkt er bei Scharang auch einen gewissen "Kulturkonservatismus", der die heutige Zeit nur "sehr punktuell" zur Kenntnis nehmen will.