Luc Boltanski, Arnaud Esquerre

Bereicherung

Eine Kritik der Ware
Cover: Bereicherung
Suhrkamp Verlag, Berlin 2018
ISBN 9783518587188
Gebunden, 730 Seiten, 48,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Christine Pries. Museen, Kunst, Luxusgüter, Immobilien, Tourismus - für die Soziologen Luc Boltanski und Arnaud Esquerre sind dies zentrale Felder einer neuen Ökonomie der Anreicherung, die zunehmend unsere Gesellschaften prägt und vor allem der Bereicherung der Reichen dient. Sein Ziel ist nicht mehr die industrielle Warenproduktion, die in die Entwicklungs- und Schwellenländer ausgelagert wurde, sondern die Anreicherung von Dingen, die bereits da sind. Der Wert von Waren sinkt normalerweise mit der Zeit, in der Anreicherungsökonomie ist das jedoch umgekehrt: Er steigt. Die Ware - das Kunstwerk, die Uhr, der Urlaubsort oder die Immobilie - wird dabei mit einer bestimmten Geschichte oder Tradition versehen, die sie anreichert. Boltanski und Esquerre verfolgen den Aufstieg dieser neuen Ökonomie, die auf den Industriekapitalismus seit den 1970er Jahren folgt, und zeigen, wie sie von den Medien, den Hochglanzbeilagen und Kunstmagazinen, aber auch von der Politik befördert wird und neue soziale Rollen schafft: Rentiers und Bedienstete, Kreative und Zukurzgekommene.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.07.2018

Überhaupt nicht abwegig findet Rezensent Gerald Wagner diese Kritik am neuen postindustriellen Kulturkapitalismus, der sich für die beiden Soziologen Luc Boltanski und Arnaud Esquerre dadurch auszeichnet, dass nicht neue Waren produziert, sondern Vorhandenes mit kulturellen und historischen Erzählungen angereichert und damit im Wert gesteigert wird. Luxusmarken, Tourismus, Gastronomie und Eventmarketing werden zu Sparten einer ganz neuen Veredelungsindustrie. Das leuchtet dem Rezensenten als These ein, allerdings hätte er sie doch gern durch ein wenig Empirie unterfüttert gehabt. Belege, Zahlen, belastbare Methodik? Fehlanzeige! Und durch eine fesselndes Story-Telling, ätzt der Rezensent schließlich, könne dieses Buch seinen Wert auch nicht gerade steigern.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.07.2018

Carlos Spoerhase begreift mit der neuen großen Studie der Soziologen Luc Boltanski und Arnaud Esquerre, wie Kulturkapitalismus funktioniert: Während bisher vor allem industrielle oder spekulative Kriterien den Wert eines Gegenstands ergeben haben, entscheidet sich dieser heute zunehmend über die kulturelle Anreicherung eines Objekts, erklärt Spoerhase, denn Storytelling oder Narrativierung werden zu entscheidenden Methoden der Aufwertung: Der alte Limoges-Teller ist nicht mehr Gebrauchsgegenstand oder Sammlerobjekt, sondern - als Besitz der berühmten Schriftstellerin aus dem Burgund - Kulturgut. Ähnliches vollzieht sich auch in den Geschichtsbildern der Nationen, lernt der Rezensent aus diesem Buch am Beispiel der französischen Luxus- und der Tourismusindustrie : Nationale Traditionen dienen nicht mehr zur politischen Stabilisierung von Staaten, sondern zur Positionierung von Produktklassen. Gewiss, kommen dem Rezensenten Einwände in den Sinn, etwa die Frage, ob hier vielleicht ein französische Modell auf Weltmaßstab hochgerechnet werde. Aber am Ende kann Spoerhase die Befunde von Boltanski und Esquerre nur bestätigen, wenn er sieht, wie erpicht die globalisierte und zugleich kulturkritische Konsumelite auf individuelle, authentische Waren geworden ist.
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