Ian Buruma

Die Grenzen der Toleranz

Der Mord an Theo van Gogh
Cover: Die Grenzen der Toleranz
Carl Hanser Verlag, München 2007
ISBN 9783446208360
Gebunden, 253 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Wiebke Meier. Am 2. November 2004 ermordete ein radikaler Islamist auf offener Straße in Amsterdam Theo van Gogh, der sich in Filmen und Kolumnen polemisch mit dem Islam auseinander gesetzt hatte. Die niederländische Gesellschaft reagierte fassungslos, denn sie sah ihr ureigenstes Ideal der Toleranz verraten. Ian Buruma reiste in die Niederlande und fand eine Gesellschaft vor, die realisieren musste, dass Globalisierung und die neu erwachte Religiosität in den westlichen Städten Gräben ziehen, die mit traditioneller Wohlfahrtspolitik nicht mehr zu überbrücken sind. Eine Lehre, die den ganzen Westen alarmieren muss.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.07.2007

Als "gut geschriebene Mischung aus Reportage und Reflexion" lobt Rezensent Eckhard Nordhofen das Buch des "sympathischen" Ian Buruma. Er findet besonders dessen Verfahren "intelligent", die wichtigsten Stimmen im "Drama der Mentalitäten und Überzeugungen" nach dem Mord an Theo van Gogh "nahezu im O-Ton" am Problem entlang zu führen. So entsteht für ihn einerseits ein recht präzises Bild der unterschiedlichen Mentalitäten. Andererseits würden auch grundsätzliche Fragen reflektiert, zum Beispiel die Frage, ob die Toleranz nicht zur neuen Religion der Aufgeklärten geworden sei. Allerdings kommt der Rezensent nach abgeschlossener Lektüre zu dem Schluss, dass es für die Toleranz weder eine Theorie noch eine funktionierende Praxis geben könne und nimmt an, Buruma wäre über dieses Fazit sicher nicht so erbaut.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.06.2007

Jörg Später bemüht sich um ein ausgewogenes Bild des Buches von Ian Buruma. Die "Sozialarbeiterperspektive", aus der heraus der Autor den Mord an dem Regisseur Theo van Gogh als sozial, nicht religiös motivierte Tat zu erklären versucht, leuchtet ihm trotz ihrer Abgedroschenheit zwar ein. Den an van Gogh und seine Drehbuchautorin Ayaan Hirsi Ali ausgesandten Vorwurf des Glaubenseifers aber will Später dann doch nicht akzeptieren. Aufklärung sei schließlich keine Religion, sondern "Kritik an der Religion", und der Stift sei nicht mit dem Schwert gleichzusetzen. Auch wenn Später hier nicht die "kulturrelativistische Position" entdecken kann, für die der französische Philosoph Pascal Bruckner im "Perlentaucher" Buruma kritisierte, Verfechtern der Vernunft, fordert er, gebühre unsere Solidarität.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.03.2007

Dass die niederländischen Debatten zum Thema Einwanderung spezifisch niederländisch sind und nicht etwa auf das Problem der Multikulturalität hindeuten, hat Ulrike Herrmann sich von Ian Buruma nur zu gern erklären lassen. Der niederländische Autor mit seiner Weltbürger-Biografie scheint ihr prädestiniert für eine unverstellte Sicht auf die ritualisierten Diskurse zwischen Amsterdam und Den Haag. Burumas analytische, Porträts, Erinnerungen, Historie kombinierende Schreibweise findet Herrmann "sehr anschaulich" und versteht die erbsenzählerische Kritik, die das Buch in Holland erfuhr, als Reaktion vor allem auf das Fehlen handfester Urteile. Für Herrmann hat das Buch aber gerade die gar nicht nötig. Die Rezensentin ist mit der eher beschreibenden Darstellungsweise Burumas vollauf zufrieden und merkt auch so, wem dessen Sympathien gelten. Dass auch der Diskursanalyse Grenzen gesetzt sind, muss die Rezensentin allerdings auch feststellen: Warum Immigration in den Niederlanden so heiß diskutiert wird, glaubt sie, kann auch ein Buruma nicht erklären, solange er "die ökonomische Entwicklung" im Land ignoriert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.03.2007

Auf zwei Seiten widmet sich Dirk Schümer Ian Burumas Buch über den Mord an Theo van Gogh "Die Grenzen der Toleranz", dessen Besprechung er mit einem eigenem Analyse der politischen Situation der Niederlande verbindet. Für Schümer drohen die Niederlande "als erstes westliches Land den Kampf um seine Identität" zu verlieren, wobei er - wie der Mord an Theo van Gogh und die Drohungen gegen Ayaan Hirsi Ali zeigen - nicht nur eine extreme Radikalisierung unter den muslimischen Einwanderern feststellt, sondern auch auf seinen der niederländischen Politik. Burumas Buch hält er zugute, diese Thema aufgegriffen zu haben, scharfsinnig die "unglaublichen biografischen Fäden im holländischen Gesellschaftsdrama" aufzudröseln und die Schlüsselfragen der liberalen Demokratien in den Blick zu nehmen. Doch in den Antworten ist Buruma dem Rezensenten zu hoffnungsvoll gestimmt. Ziemlich "flau" findet Schümer, dass Buruma schließlich die "Grenzen der Toleranz" so konventionell zieht, als "hege er einen holländischen Tulpengarten".
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