Viviane Forrester

Van Gogh oder das Begräbnis im Weizen

Cover: Van Gogh oder das Begräbnis im Weizen
Edition Nautilus, Hamburg 2003
ISBN 9783894014063
Gebunden, 352 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Gerd Stange. Viviane Forrester untersucht die psychologischen Grundlagen, die diesen großartigen Maler zu seinem tragischen Ende führten. Sie spürt dem Beziehungsgeflecht der van Goghschen Familie nach, der komplizenhaften, inzestuösen Beziehung zu Theo, dem schuldbeladenen Verhältnis zu seinen verständnislosen Eltern. Sein Leben lang wird Vincent von den Gewissensbissen heimgesucht, derjenige zu sein, der seinen ein Jahr vor ihm totgeborenen Bruder verdrängt hat. Er fühlt sich, wenn nicht als sein Mörder, so doch bestenfalls als Ersatz für seinen Vorgänger, der ebenfalls Vincent van Gogh hieß. Forrester stellt Vincent van Gogh in die Reihe der Verworfenen: neben Edgar Allen Poe, Baudelaire, Lautreamont, Artaud, Nietzsche und Hölderlin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.03.2003

Anders als Stefan Koldehoff, der in seinem Buch über van Gogh "Mythos und Wirklichkeit" sorgfältig zu unterscheiden weiß, bleibt Viviane Forrester in ihrer Biografie des Künstlers zum Bedauern von Rezensentin Christiane Meixner den Klischees vom "einsamen Künstlergenie" und "irren Maler" weitgehend verhaftet. Was sich für Meixner schon daran zeigt, dass die Autorin für ihre Interpretation von van Goghs Briefwechsel vor allem die "intuitiven, emotionalen Passagen" auswählt. Das ist in den Augen Meixners zwar legitim, "neue Erkenntnisse bringt es jedoch nicht". Im Gegenteil. Wieder fallen Begriffe, die aus Vincent einen tragischen Helden machen, seufzt Meixner. Als zentrales Thema des Buches nennt sie die These, dass van Gogh ein Leben lang darunter gelitten habe, dass die Eltern exakt ein Jahr vor seiner Geburt einen Jungen namens Vincent beerdigen mussten, der tot zur Welt gekommen war. So sehr man Viviane Forresters Versuch schätzen könne, van Goghs immer wieder erwähnten Wahnsinn damit zu erklären, dass die Gesellschaft abseits der von ihr definierten Normalität keine andere Kategorie kennt, befindet Meixner, "so wenig konstruktiv sind ihre Mittel". Letztlich, urteilt die Rezensentin, fügt Forrester den Van-Gogh-Legenden ein weiteres Kapitel hinzu.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.03.2003

Den "wirklichen Vincent van Gogh" treffe man in kaum einem neuen Buch über ihn, kritisiert Elke von Radziewsky - und in diesem am allerwenigsten. "Visionen" nennt sie, was Viviane Forrester, die mit dem Buch "Terror der Ökonomie" berühmt gewordene französische Essayistin, von Van Gogh erzähle. Der "Plot" des Ganzen, den "Kafka und Tim Staffel gemeinsam" nicht besser hätten erfinden können, tauge gar zum "Skript für einen Horrorpsycho a la Stephen King". Ein van Gogh, der, wie es etwas unklar heißt, "unter einem tot geborenen ersten Vincent leidet", wird dem Leser hier vorgeführt, erfahren wir. Forrester wolle eben bloß "eine These", kritisiert die Rezensentin - und fasst diese These dann so zusammen: Die Gesellschaft "dränge Einzelne an den Rand und zwinge sie zu künstlerischer Arbeit", denn "die Bürger" bräuchten ihre Werke "als kulturelles Antiserum für das Funktionieren".