Feridun Zaimoglu

Evangelio

Ein Luther-Roman
Cover: Evangelio
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2017
ISBN 9783462050103
Gebunden, 352 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

4. Mai 1521 bis 1. März 1522: Martin Luther, Professor in Wittenberg, ist auf Geheiß des Kurfürsten von Sachsen in Gewahrsam genommen worden. Auf der Wartburg sieht er sich größten Anfechtungen ausgesetzt, vollbringt aber auch sein größtes Werk: In nur zehn Wochen übersetzt er das Neue Testament ins Deutsche. Feridun Zaimoglu begibt sich in die Zeit, auf die Burg und in die Kämpfe, die der Verdolmetscher auszufechten hat. Dazu hat er einen äußerst faszinierenden Erzähler erfunden: Landsknecht Burkhard ist Martin Luther zum Schutze an die Seite gestellt, selbst aber Katholik und sieht Luthers Wirken mit Sorge. Er will nicht abfallen, nicht mit der Sitte brechen und muss doch den, der dieses tut, schützen und bewahren. Ja, er muss Luther sogar begleiten, als dieser sich heimlich mit Melanchthon in Wittenberg trifft. Und er muss Luther beistehen, als ihn die sogenannte Teufelsbibel in schlimmste Teufelsvisionen stürzt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.06.2017

Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase kann Rezensentin Marie Schmidt Feridun Zaimoglus Luther-Roman nicht mehr aus den Händen legen. Denn die Sprache, die der Autor dem in der Wartburg verharrenden und vor Antisemitismus und Frauenfeindlichkeit "schäumendem" Luther und seinem Bewacher, einem einfachen Landsknecht, in den Mund legt, ist so "körperlich und brutal", dass die Kritikerin sich der Sogkraft des Buchs nicht entziehen kann.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.04.2017

Rezensent Dirk Pilz langweilt sich am Ende mit Feridun Zaimoglus Luther. So derb und drastisch sprachbegabt der Reformator in diesem Buch daherkommt, so wenig kann der Autor daraus weitere Funken schlagen, findet Pilz. Die Luthers Frühneuhochdeutsch abgeschaute Kunstsprache im Buch erscheint Pilz zwar als eigentlicher Held des Textes, aber durch ihre Dauerbemühung kommt sie ihm eben auch sehr durchschaubar vor als Mittel, einmal einen fremden Luther zu entwerfen. Dabei findet der Rezensent Zaimoglus Idee, Luther aus Sicht seines Knechtes zu begreifen und sich dabei auf die Zeit auf der Wartburg zu beschränken, eigentlich ganz vielversprechend.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.04.2017

Thomas Ribi lernt in Feridun Zaimoglus Roman Luther nicht als unerschütterlichen Reformator kennen, der sich von keinem Papst in die Knie zwingen lässt, sondern als einen Theologen im Kampf mit den Dämonen. Luthers Zeit auf der Wartburg wird dem Autor laut Ribi zum Ausgangspunkt für ein eher handlungsarmes, dafür umso wortmächtigeres Lesevergnügen. Aus Sicht von Luthers Knecht und angelehnt an Luthers Diktion, erklärt der Rezensent, schreibt der Autor sein wildes Capriccio, gespeist aus fundierter Recherche und Fantasie. Das Ergebnis, eine deftige Sprachorgie, gefällt Ribi ausgezeichnet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.04.2017

Tilman Spreckelsen lobt sich den Luther von Feridun Zaimoglu. Dem freundlichen Jubi-Luther zieht er ihn schon wegen seiner derben Sprache vor. Zaimoglus Versuch, die historische Figur in einem Roman aufleben zu lassen, gelingt laut Spreckelsen aus zweierlei Gründen. Erstens, da der Autor frei mit der zeitgenössischen Sprache Luthers umgeht und ein eigenständiges Idiom erschafft, das dem Rezensenten von Luthers Schriften inspiriert scheint. Und zweitens, weil er Luther aus der Perspektive eines Zeitgenossen, eines Landsknechts schildert.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.04.2017

Rezensent Jörg Magenau kann an Feridun Zaimoglus Roman "Evangelio" keinen Gefallen finden. Den Ansatz, die Geschichte Luthers nach dem Wormser Edikt aus der Perspektive des Landknechts Burkhard, der den auf der Wartburg inhaftierten Luther bewachen soll, zu erzählen, findet der Kritiker gar nicht mal schlecht. Leider versteigt sich der Autor allerdings nicht nur in der "deftig fröhlichen Wortbesoffenheit" seines intellektuell eher schlichten, zwischen Huren und Morden pendelnden Helden, sondern vergisst darüber auch für die Handlung nicht unerhebliche historische Details, moniert der Rezensent. Darüber hinaus reduziere Zaimoglu das Mittelalter auf Dreck, Blut, Aberglaube und Körperlichkeit, während Luther hier lediglich als psychopathischer Hassprediger und Religion als "Kuriosität im Kasperletheater" erscheine, klagt der erschöpfte Kritiker, der sich zumindest einen Hauch Transzendenz gewünscht hätte.
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