Dubravka Ugresic

Das Ministerium der Schmerzen

Roman
Cover: Das Ministerium der Schmerzen
Berlin Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783827005625
Gebunden, 320 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Kroatischen von Barbara Antkowiak und Mirjana und Klaus Wittmann. Die junge Literaturwissenschaftlerin Tanja Lucic muss ihre Heimatstadt Zagreb wegen des Krieges verlassen und landet - nach einem kurzen Umweg über Berlin - als Dozentin für "serbo-kroatische Literatur" an der Amsterdamer Universität. Ihre Studenten sind kaum jünger als sie und stammen aus allen Teilen des ehemaligen Jugoslawien. Sie haben sich an der Universität immatrikuliert, um eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen, nebenbei jobben sie als Straßenmusiker, Servier- und Putzkräfte oder für eine Zuliefererfirma der S&M-Ladenkette "Das Ministerium der Schmerzen". Tanja entschließt sich, in ihrem Seminar das "jugonostalgische" Experiment einer "Katalogisierung" des exjugoslawischen Alltags zu wagen. Es scheint erfolgreich zu sein, die ehemaligen Kompatrioten werden sehr bald zu einer verschworenen Gemeinschaft und tragen zunehmend begeistert ihre bittersüßen Erinnerungen an Kindheit, Sprache, Elternhaus, Schule, Lektüre, Tanzunterricht, Ferienerlebnisse, Essgewohnheiten, Einkaufs- und Schmuggelreisen nach Triest zusammen. Doch bald muss sich jeder Einzelne von ihnen die Frage stellen, was von seinem zerbrochenen Leben noch zu retten ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.03.2006

Seit ihrem 1999 erschienenen Buch "Das Museum der bedingungslosen Kapitaluation" ist die kroatische Autorin Dubravka Ugresic bei Verena Auffermann "gefürchtet und bewundert". Und auch ihr neuer Roman "Das Ministerium der Schmerzen" hat die Rezensentin tief beeindruckt. Eine "unbedingte Dringlichkeit" verspürt sie in diesem Roman, der "kalt und erbarmungslos" vom Exil erzählt, von Spitzeltum und der Fremdheit, von einer Literaturwissenschaftlerin, die ihr kriegsgeschütteltes Land verlässt, um in Amsterdam Serbokroatisch zu lehren - eine Sprache übrigens, wie Auffermann bestürzt bemerkt, in der Kinder nicht wie "Engelchen" schlafen, sondern wie "abgeschlachtet". Dabei sind es nicht nur die "Schönheit der Sprache" und die "Raffinesse der Geschichte", die die Rezensentin so beeindruckt haben, sondern auch Ugresics "forschende Intelligenz" und ihr unbedingter Wille, hinter den Schein der Dinge zu kommen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2005

Dubravka Ugresics Roman um die kroatische Philologin Tanja Lucic, die als eine Art alter ego der Autorin gelten kann, die es nach Amsterdam verschlägt, ist ein Emigrantenroman im eigentlichen Sinne, nämlich das "Protokoll einer von Existenzangst flankierten Identitätssuche", schreibt die Rezensentin Ilma Rakusa. Als Serbokroatisch-Lektorin an der Universität begegne sie einem elenden Häufchen Kriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien. Eindrücklich beschreibe Ugresic deren Versehrtheit, ihr Leben im Zeichen eines Traumas, das auf den "brutalen Bruch" in ihrer Lebensgeschichte zurückgeht. Zusammen mit ihnen, so die Rezensentin, wird Lucic versuchen, das Dilemma zu umgehen, entweder "über alles authentisch zu schweigen oder unauthentisch zu reden". Ugresic, so das wohlwollende Fazit der Rezensentin, hat ein "bewundernswert kluges, sensibles und unlarmoyantes" Buch über die Existenz als Emigrant verfasst, das Auswege jenseits des Zerbrechens zeigt, indem es die hoffnungsvolle "Perspektive auf ein Anderssein" hochhält.