David Grossman

Aus der Zeit fallen

Cover: Aus der Zeit fallen
Carl Hanser Verlag, München 2012
ISBN 9783446241268
Gebunden, 127 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Aus dem Hebräischen von Anne Birkenbauer. Ein Mann zieht klagend um die Stadt, auf der Suche nach seinem toten Sohn. Viele schließen sich ihm an, stimmen in seine Trauer ein, weil auch sie ein Kind verloren haben. Zusammen bilden sie einen vielstimmigen Chor, der all die Fragen stellt, die jeden beim Tod eines Angehörigen bewegen: Wo ist der Verstorbene jetzt? Was bin ich ihm schuldig geblieben? Werde ich ihn je wiedersehen? Bis die Trauernden erkennen, dass Leben in seiner ganzen Fülle nur dort, an dieser Grenzlinie besteht . Einige Jahre nach dem Tod seines Sohns im Libanonkrieg legt einer der berühmtesten Autoren aus Israel sein bisher persönlichstes Buch vor - Totenklage und Hymnus auf das Leben zugleich.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.06.2013

Aus der Zeit gefallen scheint Uwe Stolzmann dieser Text in der Tat. An ein Drama erinnernd, doch auch wieder prosaisch und poetisch, denkt er es sich am ehesten als Totenklage, drängend und rhythmisch. Der Trauer (um den gefallenen Sohn) gibt der israelische Autor David Grossmann laut Stolzmann darin Ausdruck, in Notaten aus den Jahren 2009 bis 2011. Das Hier und Jetzt transzendiert er dabei recht bald, wie Stolzmann erklärt, und gelangt ins Zwischenreich, in eine Märchenwelt, ortlos, ohne Figuren, mythisch, dunkel. Was Grossmann hier formuliert, scheint dem Rezensenten erst beim Lesen des Nachworts der Übersetzerin wirklich deutlich zu werden und ein wenig durch die den Text belebenden Stimmen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.02.2013

Catarina von Wedemeyer kann kaum glauben, dass sich David Grossman mit jedem Buch noch steigert, was die Dichte und Intensität seines Schreibens betrifft. Aber so ist es. In seinem jüngsten Buch verarbeitet Grossmann den Verlust seines Sohnes, der im Libanonkrieg 2006ums Leben kam. Dabei lässt Grossman einen Vater in weiten Kreisen um sein Haus ziehen und seine Gefühle in einen großen Text der Trauer einfließen. Weitere Eltern, die ihre Kinder verloren haben, schließen sich ihm an. Formal und inhaltlich findet Wedemeyer das gewagt, aber auch geglückt, und bewegt berichtet sie, wie sich das Buch zu einem Aufruf für das Leben wandelt, der sie sehr mitgerissen hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.02.2013

Felicitas von Lovenberg verneigt sich vor David Grossmans Buch "Aus der Zeit fallen". Sie beschreibt dieses Werk als schwer zu fassen, als antike Tragödie, modernes Hörspiel, Klagelied und Gebet in einem, als Versuch des Autors mit dem Tod seines Sohns im Libanonkrieg im Jahr 2006 umzugehen, als Werk über den Tod und den Schmerz, die Trauer und die Angst, die der Tod bedeutet. Grossmanns Buchs zeugt in ihren Augen von Weisheit und Wahrhaftigkeit. Berührend findet sie nicht zuletzt den literarisch eindrucksvollen und poetischen Ton des Autors, den die Rezensentin ausgiebig zitiert: "Ich bin hier, und / er ist dort, / grenzewig / zwischen hier / und dort. / So dastehen und langsam wissen / ganz volllaufen mit diesem Wissen: / So ist es, Mensch zu sein." Und hebt sie besonders hervor: "Aus der Zeit fallen" ist kein Werk der Erstarrung und Resignation angesichts des Verlusts eines geliebten Kindes, sondern ein Buch über das "Leben mit dem Tod".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.01.2013

Dieses Buch muss als Nachtrag zu David Grossmans vorigem Roman "Eine Frau flieht eine Nachricht" verstanden werden, erklärt Rezensentin Natascha Freundel, noch immer erschüttert von der tragischen Koinzidenz: In jenem Roman erzählte der israelische Schriftsteller von einer Frau, die Mitteilung entkommen will, dass ihr Sohn gefallen ist. Während Grossman dies schrieb, fiel sein eigener Sohn. Nun stimmt er also die Totenklage für seinen eigenen Sohn an, indem er einen ganzen Chor trauernder Eltern eine Stimme verleiht. Zwar droht in den Augen der Rezensentin, diese "mit Pathos aufgeladene Symbolik" durchaus in den Kitsch abzugleiten, doch möchte sie dies dem Autor nicht übelnehmen: "Wer kennt die richtigen Worte für den Tod des eigenen Kindes?"