Cyrill Stieger

Die Macht des Ethnischen

Sichtbare und unsichtbare Trennlinien auf dem Balkan
Cover: Die Macht des Ethnischen
Rotpunktverlag, Zürich 2021
ISBN 9783858699268
Taschenbuch, 224 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Cyrill Stieger hat in den vergangenen Jahren die Orte wieder besucht, über die er während der Kriege berichtete; er war in Kroatien, Serbien, Bosnien, Kosovo. Er sprach mit den Menschen, auch mit Amtsträgern, fragte sie, ob sich die in den Kriegen aufgerissenen ethnischen Trennlinien, etwa in Vukovar oder in Mitrovica, verfestigt haben oder ob sie sich mit einer neuen Generation aufweichen. Was muss passieren, um den Fluch des Ethnischen zu brechen? Das Buch verbindet anschauliche Reportagen mit politischen und historischen Analysen. Es geht um Identitäten und um die Folgen des Nationalismus, um unvereinbare Geschichtsbilder und darum, wie Erinnerung von nationalistischen Politikern manipuliert wird, außerdem um die Schwierigkeiten der Aussöhnung. Es sind Themen, die in Zeiten des erstarkten Nationalismus und zunehmender autoritärer Tendenzen auch anderswo in Europa, in Polen und in Ungarn, aktuell sind. Aber der Pragmatismus und die Hoffnungen der Menschen auf dem Balkan geben Zuversicht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.02.2022

Rezensent Jens Schneider lernt den Alltag in den von Cyrill Stieger bereisten Regionen in Bosnien, Kroatien, Serbien und im Kosovo kennen und erfährt, wie sich die Nachkriegsgesellschaft dort mit kulturellen Grenzen und unterschiedlichen Geschichtsbildern eingerichtet hat. Solche zurückhaltend geschilderten Impressionen und die vom Autor geführten Gespräche mit Lehrern, Erziehern und lokalen Größen geben Schneider einen anschaulichen Eindruck von den Verhältnissen. Eine Erkenntnis der Lektüre für den Rezensenten: Die Menschen im früheren Jugoslawien wollen unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit vor allem eines: Arneit und ein besseres, friedliches Leben.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.01.2022

Rezensent Michael Martens' Vorfreude auf das Buch des Osteuropa-Experten Cyrill Stieger wird im Verlauf der Lektüre zwar hier und da enttäuscht, wenn der Autor seine aktuellen Beobachtungen aus den Regionen der Jugoslawien-Kriege allzu schnell mit Einschätzungen versieht, aber tiefergehende Antworten auf die weiterhin problematischen Verhältnisse vor Ort schuldig bleibt. Im Ganzen aber bietet ihm Stieger aufschlussreiche Ansichten aus Vukovar, Mitrovica und Bosnien-Herzegowina und über das Mit- beziehungsweise Nebeneinander von Serben, Kroaten, Albanern, die er mit informativem historischem Hintergrundwissen versieht.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.12.2021

Gerade droht die serbische Teilrepublik der Föderation Bosnien-Herzegowina wieder sehr konkret mit Abspaltung - da ist ein Buch wie das des ehemaligen NZZ-Korrespondenten Cyrill Stieger sicher nur zu empfehlen. Rezensent Andreas Reich lobt vor allem, wie der Autor die Trennung, aber auch das irgendwie doch funktionierende Zusammenleben der Ethnien in seinem Buch anschaulich macht. Stieger schreibt etwa über ein Gymnasium: In einem und dem selben Gebäude haben kroatische und muslimische Schüler zwei eigene Eingänge, eigene Lehrer und natürlich auch eigene Curricula mit ganz eigenen nationalistischen Sichtweisen auf den noch nicht so lange zurückliegenden Krieg. Im Alltag funktioniert das Zusammenleben dennoch recht gut, lernt der Rezensent, aber die ethnischen Gegensätze lassen sich leicht wieder mobilisieren. Und da sich die EU-Aufnahmeperspektive längst verflüchtigt hat, profitieren nun wieder die Radikalen. Das Buch kann den Europäern wieder zur Annäherung an das Thema dienen, so der Rezensent.