Ayaan Hirsi Ali

Ich klage an

Plädoyer für die Befreiung der muslimischen Frauen
Cover: Ich klage an
Piper Verlag, München 2005
ISBN 9783492047937
Kartoniert, 214 Seiten, 13,90 EUR

Klappentext

Aus dem Niederländischen von Anna Berger und Jonathan Krämer. Das Bild schockte die Welt: Der tote Filmregisseur Theo van Gogh, dem sein Mörder einen Drohbrief an die Brust geheftet hatte. Adressiert an Ayaan Hirsi Ali - eigentlich hätte sie sterben sollen. Sie weiß, daß ihr Kampf für die unterdrückten islamischen Frauen lebensgefährlich ist - aber sie wird, wie dieses Buch beweist, nicht aufgeben. Denn sie weiß, wovon sie redet: Der Zwangsheirat, die ihr Vater für sie arrangiert hatte, konnte sie sich nur durch Flucht entziehen. Der Bruch mit ihrer Familie, ihren Freunden, waren die unausweichliche Folge. Seitdem kämpft sie für ihre Schicksalgenossinnen: damit sie nicht mehr nur "Söhnefabriken" sind, daß sie studieren können, daß sie endlich selber bestimmen können, wie sie leben wollen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.07.2005

Verärgert zeigt sich Ludwig Amman über diese Streitschrift der niederländischen Politikerin Ayaan Hirsi Ali. Für sehr fragwürdig hält er diese Polemik, die weniger einer Kritik als einem Kreuzzug gegen den Islam gleiche. Künstlerisch gehe Hirsi Alis "maixmal konfrontative Strategie" vielleicht auf, wie etwa in ihrem zusammen mit Theo van Gogh gedrehten Film "Submission", als Auseinandersetzung mit den Problemen der Integration tauge sie nicht, urteilt er. Ammann selbst hält die mangelnde Bildung und nicht den muslimischen Glauben vieler Einwanderer für das Problem, den Bereich unterschiedlicher Einschätzung sieht er aber verlassen, wenn Hirsi Ali den Islam für das Übel der Frauenbeschneidung verantwortlich mache. Hier beschuldigt er sie sogar der "gezielten Lüge", denn die Beschneidung sei bekanntermaßen nicht eine islamische, sondern schwarzafrikanische Tradition.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.07.2005

"Absurd polemisch" findet Ulrike Herrmann dieses Buch über die Unterdrückung der Frauen durch den Islam, das die gebürtige Somalierin Ayaan Hirsi Ali vorgelegt hat. Nicht dass Herrmann leugnen wollte, dass es im Islam Ehrenmorde gibt, dass Mädchen gegen ihren Willen verheiratet oder zum Kopftuch gezwungen werden. Aber Hirsi Alis völlig undifferenziertes Vorgehen, das alle moderaten Formen des Islam ausblendet und den Islam schlicht mit Islamismus identifiziert, kann sie nicht gutheißen. Hirsi Alis Verständnis von Religion hält sie schlicht für "radikal und eindimensional". Die Autorin setze auf die Autorität ihrer Zeugenschaft, gestehe aber ihren Glaubensgenossinnen, die ihre Ansichten nicht teilen, die unmittelbare Selbsteinsicht nicht zu, die sie für sich selbst reklamiere. Nach Herrmanns Einschätzung erreicht die Autorin mit ihrem Buch, das in den Niederlanden und auch in Deutschland ein Bestseller ist, vor allem eines: "Sie schürt damit Ängste, die Hollands Bürgergesellschaft verunsichern."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.05.2005

Mit beträchtlicher Skepsis blickt Hilal Sezgin auf die auf den Markt schwappenden Bücher muslimischer Frauen, die von schrecklichen Schicksalen zu berichten haben. Nun liegt auch das Plädoyer der niederländischen Politikerin Ayaan Hirsi Ali zur Befreiung der muslimischen Frauen vor. Die 1969 Autorin, erinnert Sezgin, wurde 1969 in Somalia geboren, zwangsbeschnitte, und floh, um einer Zwansverheiratung zu entgehen, 1992 in die Niederlande. Zusammen mit dem Filmemacher Theo van Gogh hatte sie 2004 das Drehbuch zu dem provokanten Film "Submission" (Unterwerfung) verfasst; van Gogh wurde von einem fanatisierten Muslim ermordet, Hirsi Ali musste untertauchen. 23 Jahre Jahre lang zeigte der Islam Hirsi Ali nur sein "grausames Gesicht", äußert Sezgin Verständnis und doch bezweifelt sie, dass Hirsi Alis Bild vom grausamen Islam stimmig ist. Hier sieht sie viel Verzerrung. Doch worin sie Hirsi Ali absolut folgt ist die Darstellung des "Jungfrauenkäfigs", jenes Kontrollsystems, in dem junge Mädchen gefangen sind und der sich immer enger schließt: Je stärker die Eltern und Großeltern auf die Jungfräulichkeit fixiert sind, desto mehr werde ihr Blick auf die Welt sexuell bestimmt, fasst Sezgin zusammen: im Schwimmbad, im Kino, auf Klassenfahrten lauern die Versuchungen. Und das traurige ist, dass ein solches Kontrollsystem zwangsläufig eine Kultur der Lüge notwendig mache. Schließlich äußert Sezgin noch Bedenken gegenüber der Ankündigung des Verlags an, den Titel, der auch Tipps für fluchtwillige Mädchen bereithält, auch auf Türkisch zu veröffentlichen. Nicht weil diese nicht Hilfe bräuchten, aber die meisten seien durchaus des Deutschen mächtig.