Andrej Platonow

Der makedonische Offizier

Cover: Der makedonische Offizier
Suhrkamp Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783518430262
Gebunden, 140 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Michael Leetz. Wie viele Platonow-Helden hat auch Firs, der makedonische Offizier, nicht aufgehört, über das Leben zu staunen. Er ist ein Suchender, der die Schrecken der Existenz am eigenen Leibe erfährt und seine untergründige Traurigkeit nicht los wird. Im geheimen Auftrag Alexanders des Großen lebt er seit einigen Jahren in einem fernen asiatischen Reich. Es erstreckt sich in einem gewaltigen blauen Tal, eingeschlossen von einem "Himmelsgebirge", dessen Wände "undurchdringlich sind für den Wind und für die Freiheit". Statt das Bewässerungsprojekt für den dortigen Despoten durchzuführen, bereitet er einen Aufstand gegen ihn vor."Nicht zur Veröffentlichung bestimmt", heißt es in einer Akte des sowjetischen Geheimdiensts über Andrej Platonow und sein Romanprojekt "Der makedonische Offizier". Zwischen 1932 und 1936 entstanden, blieb es Fragment und wurde erst Mitte der neunziger Jahre in Russland veröffentlicht. Der dichte Text enthält nicht nur die schärfste Kritik an Stalin, die Platonow jemals formulierte, sondern auch seine Vorahnung einer von Menschen verursachten globalen Katastrophe.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.05.2022

Rezensent Franz Haas erkennt die Tragik und das Genie des überzeugten Kommunisten Andrei Platonow in dessen 1932 entstandenem Romanfragment. Dass der nun erstmals auf Deutsch erscheinende Text zu Sowjetzeiten nicht publiziert wurde, wundert Haas kaum. Zu drastisch Platonows Abrechnung mit dem Stalinismus im Gewand einer antiken Spionagegeschichte, findet er. Aktueller könnte der von Michael Leetz übertragene, "erhellend" kommentierte und mit Materialien zu Platonow versehene Text kaum sein, meint Haas mit Blick auf den Kreml-Despoten von heute.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.01.2022

Rezensent Thomas Thiel zeigt sich beeindruckt von der Vita Andrej Platonows, der sowjetische Schriftsteller der zwanziger und dreißiger Jahre, der heute als Vordenker des Ökosozialismus gilt, erfahren wir. "Der makedonische Offizier" geselle sich zu den vielen, erst posthum veröffentlichten Werken Platonows und ist ein Konglomerat aus einem vierzigseitigen Romanbruchstück mit begleitenden Texten. Die Erzählung erkennt Thiel als "Satire auf die Stalin-Zeit" in der das Kernsujet des Autors verhandelt wird: Kritik an der Unterwerfung der Natur durch den Menschen. Berührt ist Thiel aber auch von Maxim Gorkis beständiger Hoffnung trotz der Unwegsamkeiten, von der er im begleitenden Bericht über ein Treffen Platonows mit Gorki erfährt und wird sich der Strapazen beider Schriftsteller in dem repressiven System bewusst. Somit wäre das Romanbruchstück zu einer "editorischen Glanztat" vervollständigt, meint der begeisterte Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 28.12.2021

Rezensent Jörg Plath bezweifelt, dass dieser schmale Band mit einem Prosafragment Andrej Platonow aus den frühen 1930ern neue Leser bescheren wird. Zu knapp scheint ihm der Text, zu sehr "Momentaufnahme" des Künstlers Platonow im Konflikt mit Stalin. Zu sehen, wie der Autor seine Gegenwart anhand des antiken Konflikts eines makedonischen Offiziers zwischen seinem Herrn und den Interessen Alexander des Großen verhandelt, findet Plath dennoch interessant. Inwieweit mit den beiden Herrschern im Text Stalin und Trotzki gemeint sind, erläutert dem Rezensenten der Herausgeber und Übersetzer Michael Leetz in seinen Anmerkungen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.12.2021

Jenen, die Platonow bisher noch nicht gelesen haben, empfiehlt Rezensent David Hugendick diese erstmals auf Deutsch veröffentlichte, unvollendete Erzählung als "Einstiegsdroge". In der Geschichte um das asiatische Märchenreich Kutemalia, in dem der finstere König Osni herrscht und seine Arbeitssklaven die Natur vernichten, erkennt der Kritiker unschwer den Verweis auf den "Größenwahn Stalins" und den "Verblödungsgehorsam seiner Untergebenen". Vor allem aber erkennt Hugendick sofort Platonows Sprachreichtum und seinen trotz aller Verzweiflung wütenden Witz. Ein Gespräch mit Maxim Gorki und das von Platonow selbst verfasste Protokoll einer erfundenen Schriftstellerkonferenz runden den Band für den Rezensenten perfekt ab.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 04.12.2021

Für den Rezensenten Dirk Schümer verlockt dieser Roman von Andrej Platonow zur Wiederentdeckung seines vom Stalinismus vernichteten Autors. Platonows Todesmut ist für Schümer in jeder Zeile spürbar, wenn der Autor eine fiktive Steppenmonarchie, eine gnadenlose Gewaltherrschaft, als "funkelnde" Parabel für seinerzeit tagesaktuelle Ereignisse konstruiert. Sprachlich hantiert der Autor laut Schümer mit einer Natursymbolik, die das Geschehen zum universellen Drama aufrüstet. Dass der Text Fragment blieb, macht ihn zum Symbol, meint Schümer - für Platonows von der Diktatur zerstörtes Leben.