John Horgan

Der menschliche Geist

Wie die Wissenschaften versuchen, die Psyche zu verstehen
Cover: Der menschliche Geist
Luchterhand Literaturverlag, München 2000
ISBN 9783630880020
Gebunden, 428 Seiten, 24,54 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Thorsten Schmidt. Was ist der menschliche Geist? Was bestimmt das Bewußtsein? Wie funktioniert das Gehirn? John Horgan untersucht die einzelnen Fachwissenschaften, die sich mit dem Geist beschäftigen, nach ihren Fragen, ihren Methoden und ihren Antworten. Er führt den Leser durch Hörsäle, Krankenhäuser und Laboratorien.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.08.2000

John Horgan zieht die Bilanz der interdisziplinären Forschung zum Verhältnis von Geist, Physiologie und Bewusstsein, die unter dem Begriff Neurowissenschaften mit viel Euphorie in die 90er Jahre gestartet ist. Er beschreibt, dass die Begeisterung einem leicht ernüchterten "Forschungspragmatismus" gewichen ist - und in der Bilanzierung des Stands der Dinge habe das Buch, findet der Rezensent Thorsten Jantschek, seine Verdienste - trotz der einen oder anderen stilistischen Entgleisung im Versuch der Wiedergabe von Kongressatmosphäre. Auch die Diagnose eines nach wie vor weit verbreiteten Hangs zum Reduktionismus unterschreibt Jantschek. Der Versuch Horgans, das Feld komplexer zu fassen, scheitere allerdings. Er bleibe vage und leiste keinerlei Klärung, gerade auf dem Gebiet der von ihm selbst beklagten "Begriffsverwirrungen".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.05.2000

In einer Doppelrezension bespricht Michael Hampe zwei Bücher, die sich mit dem Verhältnis von Hirn und Bewusstsein befassen.
1.) John Horgan: "Der menschliche Geist" (Luchterhand-Verlag)
Der Autor ist dem Rezensenten schon früher "unangenehm aufgefallen". Ihm missfällt auch hier Horgans "aberwitzige" Forderung nach einer universalen Theorie und seine Verleugnung von Erkenntniserweiterungen, die auch ohne diese Theorie in den einzelnen Disziplinen möglich sind. Außerdem habe sich Horgan mit seiner Abhandlung übernommen. Denn dadurch, dass er viele Disziplinen (von der Neurologie über Künstliche Intelligenz, Psychoanalyse bis hin zur Neurochemie u. a.) beleuchten will, bleiben nach Hampe "groteske Oberflächlichkeiten" nicht aus.
2.) Michael Pauen: "Das Rätsel des Bewusstseins" (Mentis-Verlag)
Wesentlich besser als Horgans "Der menschliche Geist" schneidet dieses Buch im Urteil des Rezensenten ab. Hampe weist darauf hin, dass Pauen die Identitätstheorie vertritt, nach der "Bewusstseinszustände und Hirnzustände identisch" sind, aber dass der Autor auch andere Theorien gelten läßt. Hampe gefällt, wie selbstkritisch Pauen seine Theorie erläutert und verschiedene konkurrierende Strategien vergleicht. Anders als Horgan suche er nicht nach einem "Knock-down-Argument", was der Rezensent sehr sympathisch findet. Darüber hinaus lobt er Pauens Nüchternheit bei der Herangehensweise an die Thematik.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.04.2000

Manuela Lenzen hat sich bei der Lektüre des Buches spürbar amüsiert und sieht Horgans wesentliche Leistung darin, dass er "an die Stelle des verbreiteten diffusen Unerklärbarkeitsgejammers eine Liste von ganz unterschiedlichen offenen Fragen und Problemen" stellt. Es gefällt ihr, wie Horgan dem Leser die bei der Erforschung von Geist, Hirn und Psyche miteinander konkurrierenden Disziplinen miteinander streiten läßt: Ob Neurowissenschaften, Pharmakologie, Verhaltensgenetik oder Psychotherapie - dem Autor gelingt es, die Streitigkeiten recht bildhaft zu vemitteln, findet Lenzen. Darüber hinaus habe er den Text durch kleine Porträts von Forschern und "kuriosen Figuren" aufgelockert. Nicht ganz einverstanden ist die Rezensentin offenbar mit Horgans Idee, man müsse sich auf die Lösung einzelner Probleme konzentrieren, da man dem menschlichen Geist mit keiner Disziplin wirklich auf die Schliche käme. Dies hieße, auf "gute, empirisch überprüfbare Theorien" zu verzichten, was sie für einen Fehler hält.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.03.2000

Mit gemischten Gefühlen hat Ulrich Schnabel die neueste Abrechnung des amerikanischen Journalisten John Horgan mit der wissenschaftlichen Zunft gelesen. Einerseits sei das Buch, das sich provokativ mit den Neurowissenschaften anlege, nach dem selben Erfolgsrezept gestrickt wie sein Vorläufer "An den Grenzen des Wissens" und ein sicherer Bestseller: Angriffslustig setze Horgan Thesen in die Welt, nach deren Belegen der Leser vergeblich suche. Anderseits entdeckt der Rezensent in dem "Enfant terrible seiner Zunft" einen "höchst anschaulichen" Erzähler, der lustvoll die Ungereimtheiten wissenschaftlicher Methoden aufdecke. Obwohl der Autor wenig aufbietet zur Untermauerung seiner Ansicht, der menschliche Geist verschließe sich jeder Entschlüsselung, sieht Schnabel in Horgan doch einen "Hüter wissenschaftlicher Seriosität", indem dieser - wissenschaftlicher Tradition folgend - die Schwächen der einen Disziplin aus der Perspektive der anderen bloßlege.