Bertolt Brecht

Brecht probt Galilei. 1955/56

3 CDs
Cover: Brecht probt Galilei. 1955/56
speak low, Berlin 2020
ISBN 9783940018960
CD, 25,00 EUR

Klappentext

3 CDs mit 151 Minuten Laufzeit. Am 12. Dezember versammelt Brecht die Schauspieler des Berliner Ensembles im Zuschauerraum. Zwei Tage später beginnt er mit den szenischen Proben zu seinem Stück "Leben des Galilei", wegen seines angegriffenen Gesundheitszustandes zumeist nur von zehn bis zwölf Uhr. Im März unterbricht er die Probenarbeit und wird sie nicht wieder aufnehmen. Er stirbt im August 1956.Der Regieassistent Hans Bunge hatte während der Proben ein Tonbandgerät aufgestellt, und so entstand ein einzigartiges Dokument, das den Mythos der Theaterarbeit Brechts in neuem Licht erscheinen lässt. Zu erleben ist der praktische Brecht, der in der Probenarbeit mit großer Direktheit seine Sicht auf Figuren und Welt vermittelt.Keine Theorie, sondern Lust am Eingreifen, Humor, Sinnlichkeit.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.03.2021

Schwer beeindruckt, ja hingerissen ist Rezensentin Christine Dössel von den Tonaufnahmen aus dem Archiv samt den erzählenden und erklärenden Passagen zwischendurch, die man zudem nachlesen kann im Begleitbüchlein, das ein "feines, fünfzigseitiges Buch ist, in Leinen gebunden". Das ganze Paket sei zu loben, findet die Kritikerin und rät ab, es etwa nebenbei beim Kochen hören zu wollen. So unangenehm "grell" Brechts Stimme auch sein kann, was er sagt und dass er eine so genaue Vorstellung hat, mit der er den Schauspielern ständig in die Parade fährt, hat ja seine Gründe, meint sie. Denn Brecht hat das Stück schon im amerikanischen Exil stark verknappt mit Charles Laughton für ein prominentes Publikum inszeniert - etwa für Charlie Chaplin und Ingrid Bergmann, berichtet die faszinierte Kritikerin. War am Ende des Krieges noch Hiroshima ein Referenzpunkt der Galilei-Inszenierung, ging es im Ost-Berlin 1955/56 inzwischen um das "Machtprinzip". So habe es Tragelehn notiert und vielleicht hat man damit sogar das ZK der SED im Visier gehabt, meint Dössel. Damit wäre der sich vor der Kirche beugende Galilei durchaus also ein sich selbst kühl "antiheroisch" auffassender Bert Brecht gewesen, legt es die von dieser Inszenierung und ihrer Geschichte freudig erregte Kritikerin nahe.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.01.2021

Das ist Theatergeschichte! Rezensent Alexander Cammann ist hin und weg von dieser Aufnahme, für die Regisseur Stephan Suschke aus 100 Stunden Probenmitschnitt diese zweieinhalb Stunden "faszinierende Theatergeschichte destilliert" hat. Hier scheint man Brecht buchstäblich bei der Arbeit zugucken zu können. Das "Theatergenie" ist ruhig und geduldig, lesen wir, die Intensität, aber auch der Spaß, mit dem geprobt wird, beeindruckend. Auch wenn Brecht vor Probenschluss starb - diese Inszenierung gehört zur "Brecht-Mythologie", ist sich Cammann sicher.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.12.2020

Rezensent Simon Strauß zeigt sich fasziniert von den Tonaufnahmen, die der Regisseur Stephan Suschke 2014 gefunden und nun zu einem ungewöhnlichen Hörerlebnis arrangiert hat. Dokumentiert ist hier Brechts letzte und unvollendete Inszenierung am Berliner Ensemble, erklärt Strauß. Die Aufnahmen geben Hörern die einmalige Chance, den Theaterrevolutionär als "handfesten Regisseur" zu erleben und einen Einblick in jene Arbeit zu bekommen, die sonst - nicht nur bei Brecht hinter verschlossenen Probenbühnentüren stattfindet. Gespannt klinge Brecht, ein wenig getrieben, voller Freude und Erregung, die ihn auch mal aus der Haut fahren lässt, so Strauß. Den Grund für Brechts besonderen Eifer bei dieser Arbeit vermutet der Kritiker im Gegenstand des Stückes, in dem er zumindest Andeutungen eines Selbstporträts erkennt. Wie Galilei sei auch Brecht ein Mensch voller Widersprüche, der im Privaten gerne mal Wein statt Wasser trinkt. Dass er die laxe Haltung der Schauspieler hinter vorgehaltener Hand als "Maurereinstellung" bezeichnet, ist ein Beweis dafür, so der schmunzelnde Rezensent.
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