David Foster Wallace

Der bleiche König

Roman
Cover: Der bleiche König
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2013
ISBN 9783462045567
Gebunden, 640 Seiten, 24,99 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Ulrich Blumenbach. Der letzte Roman von David Foster Wallace: Was macht strukturelle Langeweile aus einem Menschen? Als Claude Sylvanshine nach Peoria in Illinois an die IRS, die amerikanische Bundessteuerbehörde, versetzt wird, trifft er dort auf Kollegen, die mit der tagtäglichen, unüberwindbaren Monotonie ihrer Arbeit und somit ihres Lebens kämpfen. Welche Lebensgeschichten führten dazu, dass jemand mehr oder weniger freiwillig einen solchen Beruf ergreift? Der Roman erschien in den USA drei Jahre nach Wallace Tod und wurde zum gefeierten Bestseller.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.12.2013

David Foster Wallace hat in seinem letzten, Fragment gebliebenen Roman "Der bleiche König" die moderne Bürokratie zu seinem Gegenstand gemacht, genauer und konkreter: die amerikanische Finanzbehörde IRS (Internal Revenue Service), berichtet Thomas Steinfeld. Anhand von gleich ein paar Dutzend Personen, die auf die eine oder andere Weise mit dem IRS zu schaffen haben, stellt Wallace die alltägliche Bürokratie in ihrer ganzen Langeweile und Tragweite dar, es gibt niemanden, der nicht früher oder später integriert wird. Für manche läutet erst dieser Erstkontakt mit dem IRS das Ende der Adoleszenz und die Realität der Realität ein - wie eine religiöser Erweckung, deren Erkenntnis die Pflicht zur Selbstverwaltung ist, erklärt der Rezensent. Dieses Buch ist wahr, auf eine "erbarmungslose, grandiose, auch schmerzliche Weise", warnt Steinfeld, ob man sich dieser Wahrheit stellen möchte, muss jeder selbst entscheiden, meint der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.11.2013

David Foster Wallace, ein in der Postmoderne gefangener Realist, lautet Ekkehard Knörers Befund in seiner umfangreichen Besprechung von Wallace' letztem, posthum veröffentlichten Roman, für den sich der Autor, wie Knörer staunt und sich fast schon gruselt, enorm in den Stand des US-Steuerrechts des Jahres 1985, in dem der Roman "mehr oder weniger" spielt, eingearbeitet hat, um seine Leser schließlich in hochauflösender Detailfreude an diesem Wissen teilhaben zu lassen: "Endlose Massen Realienschutt" liegen dem Buch zugrunde, schreibt der Rezensent, der seinen Schmerz darüber kaum verbergen kann, auch wenn er keineswegs gehässig wird: Eher kennzeichnet seine Besprechung eine sanfte Melancholie darüber, Zeuge zu werden, wie ein Meisterliterat, dem anders als Franzen, wie Knörer schreibt, die Zuflucht in die Schreibformen des 19. Jahrhunderts verstellt blieb, zum Gefangenen seines eigenen literarischen Projekts wird, in das er sich, beim Versuch, sich daraus zu befreien, nur noch mehr eingräbt. Alles unterliegt hier der obsessiven Kontrolle des Autors, führt Knörer weiter aus, selbst noch die fantasievollen Volten und die Pointen, die Wallace "mit Fleiß zu Tode geritten" hat. Auch deshalb - weil wohl Wallace selbst nicht gewusst hätte, wie er seine Anhäufungen von Zwangscharakteren unter einen Hut gebracht hätte - ist der Kritiker durchaus dankbar für die Form der Skizze und loser Kapitel, die dem Fragment gebliebenen Roman eignet. Dieser will, wie überhaupt Wallace' Werk, auf ein "Exerzitium" hinaus, so Knörer weiter. Darin gräbt er sich, allerdings ohne politische Gegenwartsanalyse zu leisten, tief hinein in die beschädigten Leben und Zumutungen der Gegenwart, die den den Autor, wie Knörer betrübt feststellt, schlussendlich doch übermannt haben.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.11.2013

Die Leser von David Foster Wallace haben enormen Gesprächsbedarf, weiß Juan S. Guse und freut sich schon auf die vielen Kommentare im Social-Reading-Room, den der Verlag zu diesem posthum veröffentlichten Roman(fragment) von David Foster Wallace eingerichtet hat. Zusagen gäbe es über Foster Wallace laut Guse allerlei: "Die meisten Dinge sind noch unausgesprochen." Den Roman an sich, der eine Gruppe Angesteller im Jahr 1985 bei ihrer täglichen Langeweile beobachtet, hält Guse für den besten von David Foster Wallace, obwohl oder gerade weil sich der Autor thematisch nunmehr der Monotonie annimmt unter Verwendung eines existentiellen erzählerischen Gestus', wie Guse schreibt. Das geht auch mal karikaturesk ab, doch für Guse erheblich beklemmende als noch im "Unendlichen Spaß". Das Original zieht der Rezensent übrigens der Übersetung vor, um Wallace' Humor und Rhythmus auf die Spur zu kommen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.11.2013

Als einen "Lebensverdopplungsroman" bezeichnet Robin Detje die Collage aus David Foster Wallace' nachgelassenen Fragmenten. Langeweile ist für den Rezensenten nicht nur Thema des Buches, sie zieht sich auch durch dessen Lektüre, die gefühlte Zeit dehnt sich in die Länge und erzeugt in Detje das Gefühl, ebenso lange an dem Roman zu lesen wie dessen Figuren brauchen, um ihr gesamtes Leben zu bestreiten. Das liegt daran, dass der Autor in diesem Roman die erzählerische Dichte einer Kurzgeschichte auf über 600 Seiten ausweitet, erklärt der Rezensent nicht ohne Bewunderung und erkennt in diesem literarischen Kraftakt "ein Stück von David Foster Wallace als Sisyphos und heroischer Neurosenstemmer". Der Übersetzung durch Ulrich Blumenbach bescheinigt Detje "Schwung und Witz, mit schönem Mut zur Eleganz und zur Erfindung".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.11.2013

Fasziniert, aber auch mit allergrößter Mühe hat Rezensentin Angela Schader den aus im Nachlass entdeckten Manuskriptseiten, Notizheften, Referenzwerken und Datenträgern von seinem Herausgeber Michael Pietsch zusammengesetzten und von Ulrich Blumenbach nun exzellent übersetzten Roman "Der bleiche König" von David Foster Wallace gelesen. Zunächst ist die Kritikerin durchaus dankbar, noch ein weiteres Werk des "herausforderndsten Stilisten" der amerikanischen Literatur lesen zu können. Sie mäandert durch die in fünfzig Paragrafen verfasste Textcollage, in der ihr zahlreiche, nicht immer gleich substanziell geschilderte Figuren begegnen. Und so folgt Schader den überwiegend als Steuerprüfer tätigen Figuren, die bis ins "trivialste Detail mit surrealen Arabesken" geschildert werden durch ihr monotones Dasein zwischen grauen Aktenbergen. Dass sich das "nervtötend Dröge" und die aufreizende Langweile dieser Existenz auch auf den Leseprozess niederschlägt, ist zwar schlüssig, fordert der Kritikerin aber auch äußerste Geduld und nicht immer aufzubringende Aufmerksamkeit ab.