Johan Harstad

Max, Mischa und die Tet-Offensive

Roman
Cover: Max, Mischa und die Tet-Offensive
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2019
ISBN 9783498030339
Gebunden, 1248 Seiten, 34,00 EUR

Klappentext

Aus dem Norwegischen von Ursel Allenstein. Max Hansen wächst in Norwegen auf. Genauer: im Stavanger der 80er Jahre, wo die Väter für Monate auf Ölplattformen verschwinden, während die Kinder im Märchenwald Vietnamkrieg spielen. Ein Idyll - bis Max' Familie in die USA emigriert. Während der Vater nun von Long Island aus um die ganze Welt fliegt und so selten zu Hause ist, dass die Ehe der Eltern daran zu zerbrechen droht, rücken Max und seine ebenso einsame Mutter näher zusammen. Bis Mordecai kommt, der zunächst Max' bester Freund und später ein bekannter Schauspieler wird. Er macht ihn auch mit Mischa bekannt, einer sieben Jahre älteren bildenden Künstlerin. Max und Mischa verlieben sich ineinander. Sie ist es auch, die Max anstiftet, sich auf die Suche nach seinem geheimnisvollen Onkel zu machen, einem Vietnam-Kriegsveteranen, mit dem sein Vater vor langer Zeit gebrochen hat. Sie finden ihn im Apthorp-Building in Manhattan und ziehen schon bald bei ihm ein. Die unkonventionelle WG, in der man einander mit Großmut und Verständnis begegnet, wird zum Epizentrum des Lebens von Max, Mischa, Mordecai und Onkel Owen. Für einen Moment scheint es, als hätte Max ein Zuhause gefunden...

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 13.08.2019

Rezensent Christoph Schröder hält Johan Harstads Roman, der Familiengeschichte und Zeitroman, Entwicklungs-, Künstler und Lieberoman sein will, auf allen Ebenen für gescheitert, und zwar kolossal. Harstad erzählt von einem jungen Norweger, dessen kommunistische Eltern wegen des Vietnamkriegs die amerikanische Außenpolitik zutiefst verachten, aber trotzdem in das Land ziehen, wie Schröder berichtet. Über 1.200 Seiten erinnert sich der Erzähler an seine Kindheit und Jugend und kontrastiert dabei die eigene Erfahrungsarmut mit Coppolas Film "Apokalypse Now" und den ikonischen Bildern des Krieges. Neues lernt der Rezensent dabei nicht: Harstad plustere lediglich Allerweltsgedanken pathetisch--deklamatorisch auf. An anderer Stelle ätzt Schröder über enervierende Geschwätzigkeit oder eine selbstverliebte Erzählstimme. Und die einzige interessante Figur in diesem Roman, den Soldaten in der Familie, verschenke der Autor auch noch. Nein, meint Schröder rigoros, für diese ausufernde Banalität gebe es keine ästhetische Rechtfertigung.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 13.04.2019

Richard Kämmerlings zeigt sich enttäuscht von Johan Harstads Versuch, die Geschichte einer Lebenskrise und eines Liebespaars im New York der 90er und Nullerjahre mit einer Passion für Coppolas Filmklassiker "Apocalypse Now" und dem Kriegsgeschehen in Vietnam zu verbinden. So wuchtig und stilistisch ambitioniert Harstad Alltags- und Kriegsgeschichte zu verschneiden sucht, so wenig glaubwürdig bleiben die Figuren und Konflikte für Kämmerlings. Für den Rezensenten leider nicht mehr als ein schaler Wirklichkeitsersatz.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.04.2019

Eine "Great American Novel", geschrieben von einem Norweger, der sein Romanpersonal durch viele Umwege und fünfzig Jahre amerikanische Geschichte schickt - so charakterisiert Rezensent Jan Wiele diesen ungemein dickleibigen Roman. Der rote Faden geht ihm beim Lesen manchmal verloren, wenn etwa die Geschichte von Onkel Ove, der tatsächlich Soldat in Vietnam war, über viele hundert Seiten eingeschoben wird, dann aber sowohl eine Liebes- als auch eine Auswanderungsgeschichte weiter erzählt werden müssen. Zusammengehalten werden die laut Wiele oft mit einem guten Humor gewürzten Geschichten durch immer wiederkehrende Motive der künstlerischen und filmischen Produktion aus fünfzig amerikanischen Jahren, insbesondere aus dem Film "Apocalypse now". So bietet der Roman, meint Wiele, ein überzeugendes Tableau amerikanischer Geschichte - vom Vietnam-Krieg zum Ground Zero plus Hurrikan Sandy. Außerdem scheint er einen kleinen sarkastischen Angriff auf den herrschenden "Memoir-Kult" zu enthalten. Durch die erfundenen Kunstwerke der Hauptfiguren Max und Mischa sei dem Autor eine Art "Meta-Memoir" gelungen, und das sei angesichts der "jüngsten norwegischen Literaturgeschichte" (offenbar meint er Knausgård) immerhin "interessant".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.04.2019

Wolfgang Hottner staunt nicht schlecht, was ihm Johan Harstad hier auf über 1.200 Seiten ausbreitet: einen Coming-of-Age-Roman, einen Künstlerroman, einen Liebesroman und einen regelrechten "Katastrophenparcours", durch den der Protagonist Max Hansen und seine Künstlerfreundin Mischa Grey gejagt werden. Durchwirkt ist das Ganze von Tagebucheinträgen von Max' Onkel Ove und garniert um Mischas künstlerischen Werkkomplex samt fiktivem Ausstellungskatalog, wobei der Autor en passant auch noch die Kunstgeschichte seit Mitte der 1990er Jahre verhandelt, fasst der Rezensent begeistert zusammen. Ein dermaßen ambitioniertes Vorhaben ist beinahe zwangsläufig zum Scheitern verurteilt, meint Hottner, doch Harstad gelingt es, weil "Max, Mischa und die Tet-Offensive" kein Monumentalroman ist, sondern ein irrsinniges und niemals selbstzweckhaftes "Geflecht aus Lebensläufen und Katastrophen".
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 30.03.2019

Rezensentin Eva-Christina Meier hat zutiefst beeindruckt, wie Johan Harstad in seinem neuen "Mega-Roman" Künstlersaga und historisch gesättigtes Familienepos zusammenzubringt. Erzählt wird die Geschichte des norwegischen Max Hansen, der mit seinen Eltern in die USA auswandert, um dort zu einem Theaterregisseur heranzureifen. Dabei werde er maßgeblich von seiner ersten großen Liebe Mischa, einer konzeptuellen Malerin, und seinem ebenfalls ausgewanderten Onkel geprägt, der im Vietnamkrieg gedient hat, fasst die Kritikerin zusammen. Die begeisterte Rezensentin meint, dass es Harstad wunderbar gelinge, durch die Einflüsse anderer Biografien auf die Entwicklung von Max das Leben selbst in all seinen Facetten einzufangen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 27.03.2019

Rezensent Peter Urban-Halle folgt gerührt dem Helden von Johan Harstads Roman bei seinem Versuch, sein Trauma des frühen Heimatverlustes zu kompensieren. Auch wenn der an Freunde, Familie, Krieg und Migration erinnernde Monolog der Figur dem Rezensenten endlos erscheint und einiges an Aufmerksamkeit abfordert, bleibt Urban-Halle bei der Sache. Unterhaltsam, klug, empathisch, scharfsinnig findet er die Geschichte. Das Buch ist für ihn Liebes-, Freundschafts-, Künstler- und Bildungsroman in einem - und eine große Meditation über Heimat und Heimatverlust.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.03.2019

Rezensentin Iris Radisch gibt sich die volle Breitseite dauerpubertierender retrospektiver Jungsfantasien mit dem Romanungetüm von Johan Harstad. Das im norwegischen Original bereits 2015 erschienene Buch rührt laut Radisch an die kollektiven Mythen der 1980er Jahre. Der Versuch einer großen, wärmenden Generationenerzählung mit Coppolas Conrad-Adaption "Apocalypse Now" als Glutkern gelingt laut Rezensentin aber nur partiell. Zu langwierig, zu selbstgefällig, zu sentimental geraten die nostalgisch ausgewalzten Berichte aus einer Jugend in den norwegischen Wäldern und später auf der Upper West Side von Manhattan, findet Radisch.