Markus Gabriel

Fiktionen

Cover: Fiktionen
Suhrkamp Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783518587485
Gebunden, 636 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Im Zeitgeist herrscht eine Verwirrung ontologischen Ausmaßes: Wirklichkeit und Fiktion scheinen heute ununterscheidbar. Davon ist nicht nur die mediale Öffentlichkeit, sondern auch das Selbstverständnis der Geisteswissenschaften betroffen. Um dieser Sackgasse zu entrinnen, entwickelt Markus Gabriel in seinem neuen Buch eine realistische Philosophie der Fiktionalität, die zugleich die Fundamente einer Theorie der Objektivität der Geisteswissenschaften legt. Ein philosophisches Grundlagenwerk. In seinem Zentrum steht die "Selbstbildfähigkeit" des Menschen, die fundamental sozial reproduziert wird, ohne deswegen sozial konstruiert zu sein. Fiktionen - paradigmatisch dramatis personae unserer ästhetischen Vorstellungswelten wie Anna Karenina, Macbeth, Mephistopheles oder Jed Martin, der Protagonist von Michel Houellebecqs Karte und Gebiet - sind wirksame Prozesse der Selbstdarstellung der geistigen Lebensform des Menschen. Um dies anzuerkennen, muss der anthropologischen Zentralstellung der Einbildungskraft zu ihrem Recht verholfen werden. Auf diese Weise überwindet der Neue Realismus Gabriels den falschen Gegensatz von Sein und Schein, um unseren bedrohten Sinn für das Wirkliche zu rekalibrieren.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.08.2020

Rezensent Burkhard Müller hätte gern das gute Buch gelesen, das in Markus Gabriels "Fiktionen" steckt. Doch leider geht der Philosoph seine Sache hier so verquer und so ungeschickt an, meint er, dass ihm die Lektüre zu einer einzigen Qual wurde. Einem breiteren Publikum kann er es keinesfalls empfehlen. Dabei weiß Müller durchaus Gabriels Projekt zu schätzen, die "Unhintergehbarkeit des Geistes" gegen einen "bornierten Positivismus" ebenso wie gegen den relativierenden Sozialkonstruktivismus zu verteidigen. Dass Gabriel an Wahrheit und Freiheit festhält, findet Müller auch deshalb wichtig, weil er ahnt, dass die Freiheit des Menschen erst theoretisch abgeschafft wird, dann aber bestimmt auch praktisch. Wer bis Seite 600 durchhält, wird reich belohnt, verspricht der Rezensent zudem, der offenbar mit Vergnügen gelesen hat, wie Gabriel Jürgen Habermas in die Pfanne haut.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 27.07.2020

Wir haben es hier mit nicht weniger als einer "Rehabilitation des Subjekts" zu tun, konstatiert Thomas Palzer in einer sehr ausführlichen Besprechung des neuen Werks von Markus Gabriel, der sich besonders als Verteidiger der Wahrnehmung gegen die Naturwissenschaft oder genauer den "Szientismus" bewährt. Genüsslich zerpflückt Gabriel und mit ihm Palzer die Idee, es gebe so etwas wie eine Wirklichkeit außerhalb von uns selbst, die sich objektiv - also idealer Weise "ohne uns", durch Apparate - rekonstruieren ließe. Nein, diese Vorstellung ist selbst eine Konstruktion. Es gibt also keine Wahrheit ohne Fiktion, die Wahrheit lässt sich nur durchs Subjekt konstruieren, mit Überschüssen und Irrtümern, die sich nicht vermeiden lassen, so Palzer. Konstitutiv für unser Dasein sei "das Erzählen, genauer, die Fiktion dessen, was erzählt wird". Palzer betont zu Beginn seiner Rezension, dass Gabriel als "neuer Realist" gelte, der mit der "postmodernen Flucht vor den Tatsachen" aufräume. Nun also stellt sich heraus, dass dieser Realismus ein fiktionaler sei. Palzer ist mit diesem "Antidot zu den akademischen Moden Naturalismus und Konstruktivismus" bei kleineren Abstrichen sehr einverstanden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.06.2020

Rezensent Uwe Justus Wenzel schwant, dass es dem Philosophen Markus Gabriel mit seiner Kritik an Naturalismus, Postmodernismus und Sozialkonstruktivismus ums Ganze geht. Gabriel möchte aufklären und helfen, den Sinn des Lebens neu zu justieren, erläutert Wenzel. Wie genau das im Buch vonstatten geht, wie der Autor sich ein Leben ohne die Illusion, wir könnten ohne Schein, also ohne Fiktionen leben, vorstellt, erläutert Wenzel in verkürzter Form. Gabriel selbst schreibt mit Verve, aber wohl vor allem für die philosophische Zunft, meint Wenzel.
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