Joseph Roth

Reisen in die Ukraine und nach Russland

Cover: Reisen in die Ukraine und nach Russland
C.H. Beck Verlag, München 2015
ISBN 9783406675454
Taschenbuch, 136 Seiten, 14,95 EUR

Klappentext

Herausgegeben und mit einem Nachwort von Jan Bürger. Auf seinen Expeditionen nach Kiew, Moskau und Odessa, nach Lemberg, Baku oder Astrachan taucht der in Galizien geborene Schriftsteller und Journalist Joseph Roth in den vielgestaltigen Kosmos des östlichen Europa ein. Seine Aufmerksamkeit gilt den Menschen und ihrer Lebenswirklichkeit in der Sowjetunion, die von einem Nebeneinander an Sprachen, Kulturen und Religionen geprägt ist. Dabei entwirft er spannungsreiche Bilder gesellschaftlicher Realitäten zwischen den gegensätzlichen Polen von Staat und Kirche, Diktatur und Pressefreiheit, Armut und Reichtum. Und zeigt damit gleichzeitig, wie er, der heimatlos Gewordene, sich reisend, schreibend und kritisch sondierend ein Stück Heimat zurückerobert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.07.2015

Rezensent Joseph Croitoru begrüßt diese neue Edition der hervorragenden Osteuropa-Reportagen des im westukrainischen Galizien geborenen Schriftstellers Joseph Roth. Insbesondere die von Herausgeber Jan Bürger im Titel vorgenommene Hervorhebung der in früheren Editionen unberücksichtigten Ukraine erfreut den Kritiker, der allerdings bei Bürgers Auswahl eine der drei Reiseschilderungen Roths aus Galizien vermisst. Nichtsdestotrotz liest Croitoru gebannt diese ebenso unterhaltsamen wie weitsichtigen und sprachlich meisterhaften Texte der zwanziger Jahre, in denen sich Roth stets bemühte, westeuropäische Vorurteile zu enttarnen. Auch in den hier ausgewählten zwölf - überraschend aktuellen - Russland-Reportagen lernt der Kritiker Erstaunliches: Bereits die Kommunisten versuchten mit einer Form des "Bürgerjournalismus" ihren Medien den Eindruck von "Authentizität" zu verleihen, informiert der Rezensent, der nicht zuletzt Bürgers lehrreiches Nachwort lobt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.04.2015

Oliver Pfohlmann hält es für eine blendende Idee, Joseph Roths 1926 verfasste Russland-Reportagen für die Frankfurter Zeitung wieder aufzulegen. Aus den Texten tritt ihn nicht nur ein ernüchterter "roter Joseph" entgegen, der sich über die trostlosen Folgen der Zwangsindustrialisierung aufregt, über die Lustfeindlichkeit und den Materialismus der sozialistischen Wirklichkeit sowie über russische Schriftstellerkollegen, auch die Sprache scheint Pfohlmann erfrischend, bildreich und stark. Und was Roth über die Ukraine zu sagen hat, beamt den Rezensenten direkt zurück in die Gegenwart.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 28.03.2015

In Joseph Roths aus 17 Lieferungen bestehender Reportage von seiner 1926 unternommenen Reise durch die junge Sowjetunion entdeckt Lennart Laberenz vor allem die Geschichte einer enttäuschten Liebe: Sehr sinnlich und mit enormer Neugier beobachtet Roth jedenfalls das bäuerliche Leben und ist sichtbar neugierig, das große soziale Experiment, das die UdSSR in seinen Augen anfangs noch darstellt, aus nächster Nähe zu beobachten. Das Landleben schildert er dabei als "rotwangiges Idyll", in das der Fortschritt Einzug hält, doch je mehr er sich dem sowjetischen Apparat annähert, desto ernüchterter wird der Blick des Reporters, führt Laberenz aus: Buchstabengelehrte Theorie und graumäusige Verstocktheit geißeln hier Praxis und Alltag, "der Geruch des Banalen" herrsche vor, stellt Roth zu seinem Entsetzen fest. Die Frage, ob man die Reportage auch im Lichte gegenwärtiger Ereignisse in Putins Russland lesen könne, will der Rezensent indes nicht entschieden beantworten: Roth zu lesen lohne schließlich immer.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.02.2015

Abgesehen von dem Sockel westlicher Zivilisation, auf dem der Autor gelegentlich allzu frech steht, findet Tim Neshitov Joseph Roths Reportagen aus der Ukraine gerade jetzt von Belang. Im Autor erkennt der Rezensent dabei einen guten Journalisten, sprachlich brillant und ehrlich. Ob Roth in den langen Reisetexten den Sauerkraut-Geruch Lembergs beschreibt, die einschüchternde Wirkung der großen Plätze in St. Petersburg oder Verträumtheit ukrainischer Dörfer - für Neshitov wird deutlich, wie sich die Geschichte wiederholt. Roth zeigt ihm geopolitische Zusammenhänge auf und lässt ihm den Begriff "Neurussland" als eine "freche, selektive Fantasie" erscheinen.
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