Elias Canetti

Über Tiere

Cover: Über Tiere
Carl Hanser Verlag, München 2002
ISBN 9783446201279
Gebunden, 120 Seiten, 12,90 EUR

Klappentext



Mit einem Nachwort von Brigitte Kronauer.

Das Tiermotiv ist eines der wichtigsten in Canettis Werk und steht immer in Verbindung zu den Haupthemen: Verwandlung, Tod und - der Mensch. "Das schönste Standbild des Menschen wäre ein Pferd, wenn es ihn abgeworfen hätte."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.09.2002

Eigentlich findet Martin Mosebach solche Auszugsbändchen, wie er es nennt, die das Werk eines Autors thematisch schröpfen und ganze Passagen aus dem Zusammenhang reißen oder einzelne Sätze wie Aphorismen klingen lassen, höchst fragwürdig. Zumindest erwirbt sich der Herausgeber, so der Rezensent, damit eine eigene Handschrift. Im Fall dieser Canetti-Kompilation "Über Tiere", herausgegeben von Sven Hanuschek, sieht Mosebach seine Skepsis bestätigt - aber auf höchster Erkenntnisebene. Hanuschek hat für seinen Band das erzählerische, das theoretische und das autobiografische Werk Canettis durchforstet und ist einer ganz eigenen "atheistischen Theologie" Canettis auf die Spur gekommen, die laut Mosebach in Canettis Texten zwar immer wieder anklingt, nie aber ausdrücklich formuliert wird. Canetti setze sich dezidiert mit der unterschiedlichen Rangordnung der Tiere in der vormodernen Welt und im Industriezeitalter auseinander, so Mosebach. Nun stehe aber bei Canetti nicht zu befürchten, dass er sich in Forderungen nach einem besseren Tierschutz ergehe, er sei wohl nicht einmal ein großer Tierfreund oder Vegetarierer gewesen, mutmaßt der Rezensent. Er sieht vielmehr bei Canetti eine Faszination oder Sehnsucht nach einer animistisch erfüllten Welt gegeben, den Wunsch nach einer "Urreligion" ohne jede Transzendenz.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.04.2002

Rezensent Bernhard Fetz zeigt recht angetan von Elias Canettis Gedanken über Tiere, die Brigitte Kronauer in einem "schön gestaltete Bändchen" zusammengestellt und mit einem "gelungenen" Nachwort versehen hat. Das "Denken in Tieren" ist eines der zentralen Themen Canettis, erklärt Fetz: Nur wenn es dem Denken gelinge, hinter die Begriffe zurückzugehen, mit denen die Welt zurechtgemacht wird, sei die Erfahrung von Fremdheit möglich, referiert Fetz Canettis Gedanken. Dabei gehe es Canetti nicht um Identifikation, sondern um das nicht überbrückbar Fremde an den Tieren, was sie so wichtig für uns mache. Canettis Sympathie für Tiere rührt dem Rezensenten zufolge von einem Besuch in einem Schlachthaus in der Kindheit her, den Canetti in seiner Autobiografie als prägende Urszene beschrieben hat. So findet Fetz als "Rache des Dichters" für die Tiere immer wieder Szenen, in denen Canetti den Spieß umdreht, und Tiere auf ihren Jäger schießen lässt oder Menschen von Hunden an der Leine geführt werden. Dem Einwand, das Werk eines berühmten Autors nach Themen und Motiven auszubeuten, sei billig, hält der Rezensent entgegen, dass die vorliegende Sammlung die Möglichkeit bietet, "anhand eines zentralen Motivs die wichtigsten Themen Canettis im Vorbeigehen zu streifen". Fazit des Rezensenten: empfehlenswert für Canetti-Kenner wie auch für Canetti-Novizen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.03.2002

Wolfgang Sofsky kann mit der vorliegenden Anthologie nicht viel anfangen. Er wundert sich, dass Verlag und Herausgeber es nicht unternommen haben, die Texte, die alle aus bereits veröffentlichten Werken des Autors stammen, nach Gesichtspunkten zu ordnen, die das "Grundmodell seiner Anthropologie" deutlich werden lassen. Statt dessen seien die Passagen über Tiere lediglich chronologisch geordnet, was Canettis Gedanken weit "fragmentarischer" erscheinen lasse, als sie in Wahrheit waren, so der Rezensent unzufrieden. Er weist enttäuscht auf die vielen wichtigen, in dieser Edition fehlenden Texte hin, ohne die seiner Ansicht nach Canetti als "Zoologe des Menschen" ebenso wenig erkennbar wird wie als "Anthropologe der Tiere".
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