Angelika Dörfler-Dierken

Luthertum und Demokratie

Deutsche und amerikanische Theologen des 19. Jahrhunderts
Cover: Luthertum und Demokratie
Vandenhoeck und Ruprecht Verlag, Göttingen 2001
ISBN 9783525551837
Gebunden, 448 Seiten, 70,56 EUR

Klappentext

Hatten deutsche Lutheraner deshalb ein gespanntes Verhältnis zur Demokratie, weil sie durch die politische Ethik Luthers dafür prädestiniert waren? Die Autorin analysiert den Einfluß politischer Rahmenbedingen auf lutherische Theologen im neunzehnten Jahrhundert. Die Vereinigten Staaten von Amerika waren damals schon ein demokratisch-egalitär ausgerichtetes Staatswesen mit freien Kirchen; in Deutschland begann dagegen die ständische Lebenswelt gerade erst auseinanderzubrechen. Vier sozialethische Entwürfe, je zwei amerikanischer und zwei deutscher Theologen, werden vorgestellt: Richard Rothe und Samuel Simon Schmucker vertreten einen liberalen Typ politischer Ethik; Christoph Ernst Luthardt und Carl Ferdinand Wilhelm Waltherdagegen einen konservativen. Die Affinität ihrer Entwürfe zur Demokratie zeigt: Je stärker das allgemeine Priestertum der Gläubigen betont wird, desto "demokratiefreundlicher" ist die politische Ethik.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.04.2002

Rezensent Niklaus Peter ist voll des Lobes über Angelika Dörfler-Dierkens "große, ausführliche" Studie. Anhand eines Vergleichs des sozialethischen Denkens zweier deutscher und zweier amerikanischer Theologen des 19. Jahrhunderts geht Dörfler (die übrigens auch häufig für die NZZ schreibt) darin der Frage nach, ob es so etwas wie eine "inhärent lutherische Obrigkeitstradition" gab, die sich in "unterschiedlichen gesellschaftlich-politischen Kontexten" manifestierte, erklärt der Rezensent. Er stellt heraus, dass es die Autorin versteht, einfache Deutungsschemata aufzulösen, die Fragestellung zu differenzieren und die "Objekte" ihrer Untersuchung auf das angemessene "Komplexitätsniveau" zu bringen. Kurz und gut: Dörflers Arbeit leiste, "was gute Historie leistet". Ausdrücklich lobt der Rezensent zudem den guten Stil der Autorin - bei Habilitationsschriften eher eine Seltenheit. Zwar fragt sich der Rezensent, ob die von Dörfler behandelten Theologen optimal gewählt sind, versichert aber zugleich, dass solche Fragen "das große Verdienst dieser Habilitationsschrift" in keiner Weise schmälern. Der besondere Wert von Dörflers Arbeit liegt nach Einschätzung des Rezensenten in den "vier monografischen Darstellungen", denen eine "exzellente Forschungsarbeit" zu Grunde liegt und in ihrer äußerst differenzierten Darstellung der sozialethischen Gedankenwelt der ausgewählten Lutheraner.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.04.2001

Friedrich Wilhelm Graf scheint diese Studie grundsätzlich zu begrüßen, sei doch die Ethik zahlreicher Lutheraner bisher nur unzureichend erforscht. Und dass die Autorin bei ihrer Untersuchung deutsche und amerikanische Theologen des 19. Jahrhunderts miteinander vergleicht, findet er durchaus "originell" und lobenswert. Weniger zufrieden zeigt er sich jedoch mit der Auswahl der jeweiligen Theologen, die ihn nicht überzeugt hat. So bemängelt er beispielsweise, dass Richard Rothe hier als Lutheraner dargestellt wird, was dessen "Kulturethik und seinen Aktivitäten in diversen liberalprotestantischen Vereinen nicht gerecht" werde. Bedauerlich findet der Rezensent außerdem, dass die Autorin sich nur wenig zu "systematischen Fragen" äußert. Doch immerhin werde durch die Studie deutlich, dass das seit Troeltsch und Weber populäre Bild des demokratieunfähigen, "staatsfrommen, obrigkeitshörigen und politisch passiven" Lutheraners letztlich auf dem "Leiden an den wilhelminischen Verhältnissen" baut.
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