Wolfgang Herles

Wir sind kein Volk

Eine Polemik gegen die Deutschen
Cover: Wir sind kein Volk
Piper Verlag, München 2004
ISBN 9783492046633
Broschiert, 240 Seiten, 12,90 EUR

Klappentext

"Deutschland - einig Vaterland" war immer schon eine Fiktion der Idealisten, eine Wunschvorstellung, die es in Wirklichkeit nie gegeben hat. Tatsächlich hat gerade die hart erkämpfte deutsche Einheit 1990 das Land nur noch tiefer gespalten: In Ost und West, in Arm und Reich, in Profiteure und Zahler. Die blühenden Landschaften in Ostdeutschland sind ferner denn je, die gesamtdeutsche Wirtschaft wird durch die falsch konzipierte Vereinigung gelähmt: Statt der versprochenen Zuwachsraten gibt es Stillstand, ja sogar Rückschritt. Das gesamtdeutsche Nationalgefühl ist ein Relikt aus der historischen Mottenkiste und nicht wieder zu beleben: Weiterhin gibt es zwei Gesellschaften, eine ost- und eine westdeutsche. Schon jetzt ist absehbar: Die "Wiedervereinigung" wird Deutschland länger belasten, als die DDR existiert hat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.11.2004

Elke Nicolini gibt dem Autor Wolfgang Herles, der konstatiert, dass die Geschichte der Wiedervereinigung eine Geschichte eines Scheiterns ist, zwar widerstrebend recht. Die Fakten und Punkte, die der Autor zur Untermauerung seiner These, auf westlicher Seite seien bei der Wiedervereinigung gravierende Fehler gemacht worden, sind alle richtig und es herrscht darüber auch "weitgehend Konsens", räumt die Rezensentin ein. Dennoch beschleicht sie angesichts der "Polemik", wie sich das Buch im Untertitel nennt, Unbehagen und das liegt nicht zuletzt am zynischen, hämischen Ton, den Herles insbesondere gegenüber den Ostdeutschen anschlägt. Dabei werden Politiker aus dem Osten durchaus "frech" und treffend porträtiert, gesteht Nicolini ein und sie hat sich auch über so manche der "gewitzten Unverschämtheiten" des Autors, wie beispielsweise seine Einlassungen gegen Berlin amüsiert. Trotzdem gibt sie zu, dass sie sich durch die allzu "forsche Betrachtungsweise" und den "zynischen Ton" Herles' insgesamt abgestoßen fühlt.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.10.2004

Klaus Harpprecht schätzt den Polemiker in Wolfgang Herles bereits seit dessen erstem Buch "Nationalrausch", das Helmut Kohl angeblich derartig in Rage versetzt hatte, dass er für die Ablösung des damaligen Bonner ZDF-Korrespondenten sorgte. So erzählt es zumindest Harpprecht. In seinem neuen Buch nun untersucht Herles die Lage der Nation knapp fünfzehn Jahre nach der missglückten Wiedervereinigung. Sehr treffend findet Harpprecht, wie der Autor den Zustand wohlgepolsterter Hoffnungslosigkeit im Osten beschreibt, in dem außer Nostalgie, Langeweile und Trostlosigkeit nur Protestparteien blühen. Auch, dass der "desolate Osten" den Westen mit in den Abgrund reiße", müsse mal gesagt werden. Ungerecht findet er allerdings die Karikierung Wolfgang Thierses, der in Herles Worten die Moral als "härene Monstranz im Gesicht" trage. Gelacht hat Harpprecht trotzdem.