William Boyd

Blinde Liebe

Die Verzückung des Brodie Moncur
Cover: Blinde Liebe
Kampa Verlag, Zürich 2019
ISBN 9783311100041
Gebunden, 512 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Ulrike Thiesmeyer. Brodie Moncur hat das absolute Gehör und gilt als Genie unter den Klavierstimmern. Als er in Paris dem grandiosen Pianisten John Kilbarron begegnet, nimmt sein Leben eine dramatische Wendung. Rasch zeigt sich, dass Brodies Künste unverzichtbar für Kilbarron sind. Gemeinsam feiern sie Triumphe in ganz Europa, führen in St. Petersburg ein luxuriöses Leben, das Brodie, aufgewachsen in einem schottischen Dorf als Sohn eines tyrannischen Pfarrers, sich nie hätte erträumen lassen. Und doch ist das alles für Brodie unwichtig. Denn der wahre Grund, weshalb er in die Dienste des genialen, aber unberechenbaren Pianisten eingetreten ist, ist dessen Geliebte, die russische Sopranistin Lika. Brodie weiß, dass diese Liebe unmöglich ist, und setzt doch alles für sie aufs Spiel - auch sein eigenes Leben. Denn der Klavierstimmer, der mit wenigen Handgriffen über Erfolg oder Misserfolg eines Konzerts, ja einer Pianistenkarriere entscheiden kann, folgt seinem Herzen, das sich nicht umstimmen lässt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.07.2019

Der "Jahrhundertwendeschmöker" des Schotten William Boyd kann nicht mit seinen Vorbildern aus der russischen Literatur des 19. Jahrhunderts mithalten, meint Rezensent Tillmann Severin. Der Roman, der von einer geheimen Romanze zwischen dem schottischen Klavierstimmer Brodie und der russischen Frau eines Starpianisten erzählt, ist laut Rezensent zwar handwerklich "perfekt gearbeitet" und nimmt gewisse Anpassungen ans 21. Jahrhundert vor (zum Beispiel Sexting in Papierform), was Severin als Idee eigentlich lobenswert findet. In diesem Fall entstehe dabei aber nichts Neues, und am Ende bleibe es bei klischeebeladenem Kitsch, der "auf alt gemacht" ist, schließt Severin.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.04.2019

Für den Rezensenten Tobias Döring ist William Boyd ein Alleskönner, der geschickt mit den Genres jongliert. Entsprechend erfreut nimmt der Kritiker Boyds inzwischen fünfzehnten Roman zur Hand, den er zwar nicht zu dessen besten Romanen zählt, aber immer noch originell und absolut lesenswert findet. Erzählt wird die an ein von Anton Tschechow nie realisiertes Drama angelehnte Geschichte um einen jungen Schotten, der sich Ende des 19. Jahrhunderts in Nizza zur Lungenkur einfindet und sich dort in eine russische Sängerin verliebt, die mit einem irischen, "trunksüchtigen" Klaviergenie liiert ist. Ganz hingerissen von Boyds "opulenten Szenerien" und der Sogkraft des Romans reist der Kritiker mit Boyds Helden von Edinburgh ins Paris des Fin de Siecle, über Nizza, Sankt Petersburg und Triest bis in den Golf von Bengalen und lässt sich dabei von reichen Mäzeninnen, Huren, Intrigen, "etwas Sex und ganz viel Herzschmerz" bestens unterhalten.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 28.03.2019

Wer William Boyd nicht lesen mag, muss entweder extrem übellaunig sein oder eine fundamentale Abneigung gegen klassisches Erzählen haben, glaubt Rezensent Rainer Moritz. William Boyds Romane und insbesondere "Blinde Liebe" haben laut Moritz nämlich alles, was ein "good read" benötigt. In diesem Fall ist das: Eine verbotene Liebe, ein herrlich erzähltes Duell, zahlreiche literarische Querverweise, einen Hauch von Krimi, eine Prise Geschichte, Intrigen, Spannung und sehr viel Atmosphäre. Boyd erzähle die Affäre von Brodie Moncur, dem irischen Klavierstimmer und seiner gefährlichen Geliebten Ende des 19. Jahrhunderts im Stil der russischen Klassiker, lesen wir. Dabei schickt er seine Protagonisten durch zwölf Jahre europäischer Geschichte und einmal um die halbe Welt. Der historische Kontext sowie die verschiedenen Handlungsorte werden jeweils nur angedeutet - was zählt ist die Stimmung, und die erschafft Boyd mit sehr viel Leichtigkeit und Raffinesse, so der begeisterte Rezensent.