Wladimir Makanin

Der kaukasische Gefangene

Drei Erzählungen
Cover: Der kaukasische Gefangene
Luchterhand Literaturverlag, München 2005
ISBN 9783630871554
Gebunden, 240 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Annelore Nitschke. Man stelle sich vor: durch eine kleine Ritze der so feindlich gesonnenen Gegenwart könnte man entschlüpfen in die Zeit vor der Perestroika und die Liebe zur eigenen Zensorin noch einmal nachschmecken - eine Liebe, die jetzt so gründlich auf den Hund gekommen scheint. Und dann sind da noch die Lagerinsassen irgendwo in der sibirischen Taiga mit ihrer stolzen Rebellion. Sie schleichen sich bei der Zwangsarbeit davon, um in unendlicher Mühsal eine Botschaft in den Berg zu meißeln. Das "A" haben sie schon, aber jetzt haben sie über die lange Zeit vergessen, wie es weitergehen soll. Was aber nicht weiter schlimm ist, denn inzwischen scheint sich die politische Großwetterlage geändert zu haben. Aus den vorsichtigen Annäherungen von Häftlingen und Aufsehern gewinnt Makanin große, mächtige Bilder seines literarischen Lebensthemas: Bilder vom unbesiegbaren Behauptungswillen der eigenen Würde.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.03.2005

Auch Wladimir Makanin, obgleich älteren Jahrgangs als die meisten seiner respektlosen Kollegen vom Schlage eines Wladimir Sorokin und Wiktor Pelewin, ist Mitglied der "Räumkommandos", die den "geistigen Unrat" des untergegangenen Regimes entsorgen - so beschreibt es Jörg Plath. Doch anders als die Jüngeren ist sein Wertesystem intakt, und deshalb vermitteln diese drei Geschichten echten Pessimismus, wenn sie den Niedergang von Idealen - Liebe, Freiheit, Schönheit - zeigen. Wie er das tut - durch eine "diskrete Anrufung der russischen Klassiker" und ohne Tendenz zur sinnbildhaften Sentenz -, das nötigt dem Rezensenten höchsten Respekt ab. Makanin ist ein "Meister der mittleren Form", ruft er - das habe schon sein großer Roman "Underground. Ein Held unserer Zeit" gezeigt, der ja eigentlich in lauter Geschichten zerfiel, und das werde auch hier augenfällig. Fazit: "Die Kombination aus literaturvermittelter Metaphysik und groteskem Realismus ermöglicht beispiellose Einblicke in die Seelenlage wohl nicht weniger Russen."

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.03.2005

Zumindest mit der Titelgeschichte dieses Erzählbandes wird Wladimir Makanin in "jeder" Anthologie russischer Erzählungen des 20. Jahrhunderts vertreten sein, prophezeit Christoph Keller. Das Motiv vom Kaukasus als "Spielwiese der blutigen imperialen Träume" Russlands und der Liebe zwischen Kriegsgefangenen und Aufpassern habe seit Puschkin einen festen Platz in der russischen Literatur. Nun sei Makanin mit seiner Erzählung, die den Rezensenten in ihrer "humanen Zurückhaltung" an Tschechow erinnert, eine gelungene Neuauflage gelungen. "Behutsam" beschreibe Makanin, wie ein Soldat der Schönheit eines gefangenengenommenen Rebellen verfällt und sich schließlich nicht anders zu helfen weiß als diesen zu erwürgen. Im Vergleich zur Titelgeschichte enttäuschen die beiden anderen Erzählungen des Bandes aber, meint der Rezensent. "Der Buchstabe A" ist ihm zu drastisch, die "Geglückte Liebesgeschichte" basiere auf einer nur "mäßig überzeugenden Idee".
Stichwörter