Richard Powers

Das größere Glück

Roman
Cover: Das größere Glück
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783100590244
Gebunden, 414 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Henning Ahrens. Eine junge Frau in Chicago, die vor Glück nur so strahlt. Sie lebt völlig ohne Zorn, alle Freunde und Bekannte kreisen nur um sie. Doch sie stammt aus Algerien, einem Hexenkessel aus Gewalt und Gegengewalt, dem sie nur knapp entging. Kennt sie das Geheimnis des Glücks, besitzt sie gar das Glücks-Gen? Laboratorien und Fernsehshows reissen sich um sie, ein Karrussell, das sich immer schneller dreht, bis sie alles zu verlieren droht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.11.2009

Mit seinem neuen Roman begibt sich Richard Powers auf das Gebiet der Glücksforschung und kann wieder einmal zeigen, dass er, was den wissenschaftlichen Hintergrund angeht, absolut auf der Höhe ist, konstatiert Rezensentin Sandra Kegel. Mit der Geschichte um eine junge Frau, die unerschütterbar glücklich zu sein scheint und deshalb nicht nur das Interesse der Wissenschaft erregt, sondern auch einen Medienhype auslöst, ist sie dennoch nicht recht glücklich geworden. Denn so faszinierend die Gedankenexperimente des Autors, übrigens studierter Physiker und Informatiker, auch sind, es bleibt spürbar, dass es sich um einen Thesenroman handelt, bei dem die Figuren zu Meinungsträgern reduziert sind, so Kegel angestrengt. Trotzdem bewundert sie Powers dafür, wie es ihm gelingt, die Trennung von Natur- und Geisteswissenschaft aufzuheben und wirklich fesselnd die Suche des Menschen nach dem Glück von allen Seiten zu beleuchten. Dafür gehen ihr allerdings die selbstreferentiellen Klagen des Erzählers über die Krise des Schreibens, die Powers in seinem zehnten Roman offenbar reichlich einfließen lässt, zunehmend auf die Nerven.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.11.2009

Nicht richtig froh ist Rezensentin Kristina Maidt-Zinke mit dem neuen Richard-Powers-Roman geworden, dessen Thema, wie sie schreibt, die gentechnische Verbesserung der menschlichen Seele ist. Zwar findet sie, dass das Buch mit der Frage nach dem Zusammenhang von Genen und Glück eine spannende Frage aufwirft. Doch kann sie das entworfene Zukunftsszenario nicht ganz überzeugen. In seinem Roman über eine junge Frau mit Glücksgen und den Medienhype, den sie auslöst, habe der gelernte Physiker und Informatiker Powers sein spezialisiertes Wissen, kluge Reflexionen zum "Reizthema Perfektionierbarkeit des Menschen" in einen Plot verpackt, der möglichst viele Facetten des Zeitgeistes aufweisen sollte. Doch das wirkt sich für die Rezensentin letztlich qualitätsmindernd aus, nach deren Eindruck das Zeitgeistige des Buchs auch den Eindruck des Oberflächlichen hinterlässt. Deshalb hangele man sich beim Lesen allein am "leichthändig eingearbeiteten Material" an Spekulationen oder Denkimpulsen entlang. Auch hat sie den Eindruck, dass sich die Genforschung nur mühsam als Sujet für eine "große Erzählung" eignet, "wenn überhaupt".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 13.10.2009

Begeistert hat Richard Powers neuer Roman Sigrid Löffler nicht. Doch richtig schlecht machen will sie das Werk auch nicht. Wie die anderen Romane von Powers betrachtet sie "Das größere Glück" als Ideenroman, der Stoff und Thema aus dem Feld der Naturwissenschaften, im vorliegenden Fall der Hightech-Biologie, bezieht. Die Geschichte um eine Kunststudentin, bei der Genomforscher das Glücksgen gefunden haben wollen, scheint Löffler eine kritische Auseinandersetzung mit den Versuchen der genetischen Perfektionierung des Menschen. Die Figuren des Romans allerdings scheinen ihr eher blass und vor allem dazu da, die Arguemente des Autors zu verdeutlichen. Sie sind in Löfflers Augen nicht mehr als "Romanfunktionäre im strengen Beweisdienst". Auch die vielen theoretischen Diskurse, mit denen Powers sein Buch schmückt, geben ihr nicht wirklich etwas. Andererseits würdigt sie die "helle, weltöffnende Intelligenz" des Autors und bescheinigt ihm zahlreiche "kluge Argumente und verwegene Spekulationen". Zudem findet sie den Plot des Werks auch für Nicht-Genomiker durchaus spannend.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.10.2009

Rezensent Thomas Steinfeld hält mit "Das größere Glück" einen Roman von Richard Powers in Händen, der mit gewohntem wissenschaftlichen Interesse für dieses Mal dem Glück und seiner Machbarkeit nachspürt. Im Zentrum steht eine junge Algerierin in Chicago, die trotz Erfahrungen von Leid und Elend glücklich ist und damit große Wirkung auf ihre Umwelt hat, erzählt der Rezensent. Erst als die Medienwelt auf sie aufmerksam wird und mit aller Macht die naturwissenschaftliche Grundlage ihres Glücksgeheimnisses entschlüsseln will, droht das Glück zu zerbrechen, so Steinfeld weiter. Mit großem Interesse verfolgt der Rezensent Powers Reflexionen über wissenschaftliche Untersuchungen, die das Glück in den menschlichen Genen aufzuspüren suchen. Und er findet, dass der amerikanische Autor nicht nur sehr überzeugend und klug dem dahinter liegenden "naturwissenschaftlichen Wahn" widerspricht, sondern auch noch zeigen kann, wie das Glück der Algerierin, dem die Öffentlichkeit nachjagt, eigentlich die Jagd nach dem "Glück der optimalen menschlichen Mediengestalt" darstellt. Großartig und mitunter richtiggehend "erstaunlich" findet der begeisterte Rezensent übrigens auch Henning Ahrends Übersetzung.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.10.2009

Es ist nicht so, dass Michael Schmitt in seiner Rezension nichts Gutes über Richard Powers' Roman "Das größere Glück" zu sagen wüsste. Spektakuläre Themen wie Genforschung und die Medienwirklichkeit nimmt sich Powers vor, baut sein Buch gekonnt auf, bringt pointierte Sätze -- und lässt den Rezensenten doch "ziemlich kalt". Die zentralen Figuren, der Transhumanist Thomas Kurton, der den Menschen mittels Gentechnologie verbessern will und die junge Studentin Thassa, der nachgestellt wird, weil sie ein Glücksgen zu haben scheint, das man erforschen will, bleiben für den Rezensenten allzu leblos. Und zu traditionell gerät ihm die Stoßrichtung des Romans, der seinem Thema keine neuen Einsichten abringt, sondern auf "traditionelle Kulturkritik" setzt und auf "die Überlegenheit der Fiktionen über eine hypertrophe Wissenschafts- und Medienkultur" abstellt.  Was raffiniert hätte sein können, ist "bloß rührend", findet Michael Schmitt, der dieses "Trostbuch" enttäuscht aus der Hand legt.