Manfred Kittel (Hg.), Horst Möller

Demokratie in Deutschland und Frankreich 1918-1933/40

Beiträge zu einem historischen Vergleich
Cover: Demokratie in Deutschland und Frankreich 1918-1933/40
Oldenbourg Verlag, München 2002
ISBN 9783486565874
Gebunden, 322 Seiten, 49,80 EUR

Klappentext

Die Folgelasten des Ersten Weltkriegs hatte in den 1920er und 1930er Jahren keineswegs nur Deutschland zu tragen; auch die meisten anderen europäischen Demokratien sahen sich durch hohen finanz- und wirtschaftspolitischen Problemdruck und zunehmenden Legitimationsverlust des parlamentarischen Regierungssystems mehr oder weniger stark gefährdet. Doch während die Weimarer Republik unter der Last der Probleme zusammenbrach, überstand die Dritte Französische Republik trotz gravierender Schwächesymptome die gemeineuropäische Krise noch bis 1940 und ging erst durch die militärische Niederlage gegen Hitler-Deutschland unter. Der historische Befund wirft grundlegende Fragen nach der politischen Kultur beider Länder auf, denen die Autoren des Sammelbandes nachgehen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.05.2002

Dass die brisante Frage, warum die Demokratie der Weimarer Republik scheitern musste, in einem "länderübergreifenden Vergleich" untersucht werden muss, darüber ist sich die Forschung einig, so Rezensent Wolfram Pyta. Neu daran ist, dass nun auch das französische Beispiel herangezogen wird, in einem Forschungsprojekt, dessen Ergebnisse nun vorliegen. Weniger institutionelle denn politisch-kulturelle Faktoren - so die These, die aus den Beiträgen hervorgeht - seien für den französischen Erfolg und das deutsche Scheitern der Demokratie verantwortlich. Besonders gefallen hat Pyta der Beitrag von Klaus-Jürgen Müller: Er thematisiere die Integrationskraft der Dritten Republik in Frankreich, die es vermochte, die rechten Verbänden ins politische System einzubinden. Die integrative Kraft der Ideen von 1789 wird auch von Jean-Marie Mayeur beleuchtet, am Beispiel des Brückenschlages zwischen Staat und Kirche - über den Graben des strengen Laizismus hinweg, berichtet der Rezensent. Ein anderer Autor, Andreas Wirsching, erläutere, wie in Frankreich die "symbolische Pflege des nationalen Kulturerbes" die Rechte kulturell beheimatet und so den Basiskonsens gestärkt habe. Doch auch der politische Stil wird erörtert, lobt Pyta: Während in Frankreich die stark personalisierten Beziehungen zwischen Abgeordneten integrativ wirkten, habe die deutsche Fraktions- und Parteipolitik eine Koalitionsunfähigkeit zur Folge gehabt. Im Hinblick auf eine Vertiefung der vorliegenden Ergebnisse, wünscht sich Pyta Erkenntnisse über die Ursachen für die Fragmentierung der politischen Kultur in Deutschland, die viel stärker gewesen sei als in der doch so heftig polarisierten französischen Gesellschaft.
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