Christian Wiese

Wissenschaft des Judentums und protestantische Theologie im wilhelminischen Deutschland

Cover: Wissenschaft des Judentums und protestantische Theologie im wilhelminischen Deutschland
Mohr Siebeck Verlag, Tübingen 1999
ISBN 9783161472015
gebunden, 507 Seiten, 85,90 EUR

Klappentext

Die zeitgeschichtlichen Erfahrungen der jüdischen Gemeinschaft im wilhelminischen Deutschland waren insbesodere durch den Bedeutungsverlust des politischen Liberalismus, die Ausbreitung des modernen Antisemitismus und die innerjüdische Diskussion über jüdische Identität im Zeitalter von Emanzipation und "Assimilation" geprägt. Vor diesem Hintergrund untersucht Christian Wiese die im Medium der Religionsgeschichte aufgefochtene Kontroverse zwischen liberalem Judentum und liberalem Protestantismus über das "Wesen" von Christentum und Judentum.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.05.2000

In einer Doppelrezension bespricht Friedrich Niewöhner ausführlich zwei Bücher, in denen u. a. die Unterdrückung der Wissenschaft des Judentums durch christliche Gelehrte beleuchtet wird.
1) Reinhard Markner, Giuseppe Veltri (Hrsg.): "Friedrich August Wolf" (Franz Steiner Verlag)
Niewöhner weist darauf hin, dass in diesem Buch - wie in so vielen anderen zu Friedrich August Wolf - auch auf seine Studien über Homer eingegangen wird. Wichtiger erscheint ihm jedoch, dass hier Texte Wolfs aus dessen Nachlass sowie der Briefwechsel zwischen Wolf und Christian Garve ediert wurden. Darüber hinaus lobt der Rezensent die "mustergültige" Bibliographie des Bandes, der seiner Ansicht nach "einen festen Platz in allen zukünftigen Arbeiten über Wolf und die Geschichte der Altphilologie" einnehmen wird. Zwei Beiträge findet Niewöhner besonders erwähnenswert, nicht zuletzt, weil in ihnen seiner Ansicht nach neue Aspekte untersucht werden. Dies ist zum einen Anthony Graftons Beitrag zu Wolfs Beurteilung des Judentums (eine Abhandlung, die der Rezensent allerdings in mehrfacher Hinsicht fragwürdig findet und dies auch detailliert begründet) sowie Giuseppe Veltris Untersuchung zum Einfluss Wolfs auf die "um 1823 sich etablierende `Wissenschaft des Judentums`", die von christlichen Wissenschaftlern zunehmend unterdrückt wurde.
2) Christian Wiese: "Wissenschaft des Judentums und protestantische Theologie im protestantischen Deutschland" (Verlag Mohr Siebeck)
Dieses Buch bewertet der Rezensent als "ungeheuer gelehrt". Er ist beeindruckt von Wieses Darstellung, wie die Wissenschaft des Judentums zwischen 1880 und 1914 "von den christlichen Historikern in ein Ghetto verbannt" wurde. So berichte Wiese auf eindrucksvolle Art, wie diese Wissenschaft von den Universitäten zunächst ausgegrenzt wurde und jüdische Geschichte und Literatur lediglich aus christlicher Perspektive gelehrt werden sollte. Die besondere Stärke des Buches sieht Niewöhner vor allem darin, dass der Autor seine Untersuchung aus der Sicht der `Unterlegenen` anlegt und damit die "jüdische Gemeinschaft (...) endlich nicht mehr nur als eine Objekt der Fremdwahrnehmung" dargestellt wird. Die Bevormundung durch das christliche Deutschland wird so besonders gut deutlich, lobt Niewöhner.
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