Bettina Stangneth

Hässliches Sehen

Cover: Hässliches Sehen
Suhrkamp Verlag, Berlin 2018
ISBN 9783498064488
Gebunden, 160 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Ob Lehrer oder Demagogen, Revolutionäre oder Terroristen, Kulturkämpfer oder ganz normale Selfie-Versender - sie alle eint die Hoffnung auf die Kraft der Bilder. Niemand muss nachdenken, wenn er es nicht will. Nur weil jeder Vernunft hat, steht es uns doch frei, ihr nicht zu folgen. Wer wirken will, setzt darum lieber auf die Sinne. Wer etwas ändern will, muss Zeichen setzen. Das Vertrauen in die Bildgewalt ist das Vertrauen auf die Unschuld des Sehens. Ein Bild soll leisten, was Gedanken nicht schaffen: die unmittelbare Erkenntnis. Bilderwelten können zusammenfügen, was kein Denken stiften kann: die Identität einer Gemeinschaft, das Wir. Denn hatte jemals eine Idee dieselbe Wirkung auf die Menschen wie Ideale? Konnte Vernunft je etwas ausrichten gegen Tradition und Kultur? Die Philosophin Bettina Stangneth, die hiermit den letzten Band ihrer Trilogie über das dialogische Denken vorlegt, fordert erneut dazu auf, liebgewordene Vorstellungen zu überprüfen. 'Hässliches Sehen' ist ein Essay zur Frage, was eigentlich Sehen heißt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.05.2019

Oliver Pfohlmann schätzt die Philosophin Bettina Stangneth, die sich in ihren zahlreichen Büchern mit dem Guten, Wahren und Schönen beschäftigt und dabei immer mit Immanuel Kant am menschlichen Vernunftsvermögen festhält. Ihr neuer Essayband erscheint dem Rezensenten zwar ein wenig mäandernd - es geht um das Sehen und im allerweitesten Sinne um die Bilder, die wir gemeinhin machen -, aber stark findet er ihre Gedanken immer dann, wenn sie gegen den Missbrauch von Moral und gegen interessengeleitetes Denken opponieren. Nicht zuletzt verdankt er Stangneth auch einige wichtige Überlegungen zur Frage, warum der Hitler-Attentäter Claus Graf Schenk von Stauffenberg als Vorbild hochgehalten werden, nicht aber der Kunstschreiner Georg Elser.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.04.2019

Es ist für den Leser der Kritik nicht ganz leicht zu verstehen, was hier mit "hässlichem Sehen" eigentlich gemeint ist. Dies sei der dritte Teil einer Trilogie, in der die Philosophin in essayistischer Weise eine "radikal aufklärerische Haltung" verfechte, erläutert der rezensierende Kollege Daniel-Pascal Zorn. Die Philosophin scheint ganz allgemein darüber nachzudenken, wie Bilder in bestimmten Denk- oder Argumentationszusammenhängen eingesetzt werden. Zorn lobt dabei die lockere, unprätenziöse Weise, in der sie das tut. Es gibt etwa Erwägungen über Vernunft, die ein nicht immer glamouröses Programm sei und doch irgendwie unvermeidlich. Immanuel Kant habe jedenfalls nach wie vor große Aktualität. Stangneth betreibe "eine Art Ethnologie der eigenen Kultur", so Zorn weiter und dies tue sie zum Glück mit sehr viel Witz.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 02.02.2019

Rezensent Milos Vec scheint zunächst begeistert von dem Buch der Philosophin Bettina Stangneth. Wie die Autorin vor der (politischen) Mobilisierung des Sinnlichen warnt, des Hässlichen wie des Schönen, klar, anspruchsvoll, kunstvoll arrangiert und mit geschliffenen Sätzen, mit Voltaire und mit Humor, nimmt ihn förmlich gefangen. Derart, dass er aufpassen muss, seinen eigenen kritischen Verstand nicht zu verlieren. Der aber sagt dem Rezensenten: Birgt die Ästhetisierung nicht auch Chancen, etwa in Form von Herrschaftskritik in der Kunstgeschichte? Davon ist bei Stangneth leider nicht die Rede, bedauert Vec.