Willi Winkler

Deutschland, eine Winterreise

Cover: Deutschland, eine Winterreise
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2014
ISBN 9783871347962
Gebunden, 176 Seiten, 18,95 EUR

Klappentext

Achthundert Kilometer sind es zu Fuß vom atheistischen Hamburg ins erzkatholische Altötting. Willi Winkler hat sich im Winter 2013/14 auf diese Wallfahrt begeben - die ihn durch ein erstaunlich unbekanntes Deutschland führte. Für Wochen war er aus der Welt. Keine Finanzkrise, kein Kanzler-Machtwort, keine Fußballergebnisse, nichts. Dafür erfährt Winkler, dass Deutschland weiter geteilt ist: Im Norden kennt niemand das Altöttinger Gnadenbild, und von der Walhalla an der Donau aus gesehen liegt Hamburg irgendwo hinter den sieben Bergen Norwegens. Winkler bezwingt die Lüneburger Heide und die Grenze zur ehemaligen DDR, besucht den Halberstädter Dom und Luthers Sterbehaus in Eisleben, stapft im Fichtelgebirge durch tiefen Schnee. Er trifft Niedersachsen, richtige Sachsen, Thüringer und Bayern, Totengräber, Jäger, FC-Nürnberg-Fans, Waldarbeiter und Stammtischhocker. Die meisten erklären ihn für verrückt: von Hamburg nach Altötting? Zu Fuß? Im Winter?

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.11.2014

Keine Frage, das schlechte Abschneiden der FDP bei der Bundestagswahl 2013 hat sich schon alleine dafür gelohnt, dass Willi Winkler sein zwanzig Jahre zuvor leichtfertig abgelegtes Gelübde einlösen und von Hamburg zur Schwarzen Madonna nach Altötting pilgern musste, wovon "Deutschland, eine Winterreise" kündet, meint Ulrich Stock. Zweifelsohne ist Winkler ein besserer Autor als Wanderer, darüber, dass er für seine Tour auf Handy-Navigation zurückgreift (um sich sodann über die wenig ansehnliche Route zu beschweren), kann der Rezensent nur den Kopf schütteln. Aber auch wenn Winkler die Füße bald schwer werden, ist ihm ein ausnehmend "leichtfüßiges Buch" mit allerhand literarischen Verweisen und präzisen Beobachtungen gelungen, so Stock.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.11.2014

Sollte die FDP eines Tages tatsächlich aus dem Bundestag gewählt werden, so würde er einen Fußmarsch von Hamburg bis ins tiefe Bayern unternehmen, versprach SZ-Autor Willi Winkler einst vor Zeugen. Das vorliegende Buch belegt nun das mühselige Einlösen dieses Versprechens, erklärt Rezensent Christoph Schröder, der sich lesender Weise recht gerne an die allabendlich schwer erschöpften Fersen des Autors geheftet hat. Anders als in den Wallfahrtsberichten anderer Prominente steht hier aber weniger die Erleuchtung und das große Erlebnis im Vordergrund, sondern die Erkenntnis, in einem eher tristen Land zu leben: Winkler berichtet von Banalitäten, der endlosen Abfolge von Bau- und Supermärkten und dass insbesondere im Osten des Landes mancher Landstrich wenig Erfreuliches zu bieten hat. Auch seine Bildung und Belesenheit streue der Autor immer wieder ein, was der Kritiker aber sehr angenehm findet: Diese "historischen Tiefenschichtbohrungen", in denen Winkler seine Erlebnisse geistesgeschichtlich kontextualisiert, bieten ihm ein exzellentes Lesevergnügen.
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