Die neue Ausgabe der einzigen
deutschsprachigen Kulturzeitschrift Budapests konzentriert sich auf die jüngsten Schriftsteller des Landes. Der Titel lautet:
jung und ungar.
Chefredakteur
Wilhelm Droste beschreibt das Lebensgefühl der heute Dreißigjährigen: "Die heutige Jugend hat es ungleich schwerer, sich emotional und bewusst im Chaos einer Gesellschaft zu finden oder gar zu orten, die nicht nach Heroen, sondern nach nüchternen und anpassungsfähigen Arbeitskräften verlangt, um aus der unendlich ermüdenden Aufgabe des
Nachholens und
Übergangs in ein Stadium zu gelangen, das wieder eigene
Identität zulässt und fordert. Ungarn ist ein Beitrittsland, das
Beitreten aber ist alles andere als eine ungarische Fähigkeit. Das führte zu einer massiven Identitätskrise fast aller Bewohner des Landes, die vor 1989 in ihrer Mehrheit stolz und selbstbewusst glaubten, im Kopf eine Vorstellung von Gesellschaft zu haben, die das real existierende Elend des Kadar-Sozialismus in ein
blühendes Paradies verwandeln könnte. All diese Menschen leben gegenwärtig in einer nicht enden wollenden
Verkaterung. Aus dem kurzen
Rausch vorgestellter Freiheit erwuchsen nichts als Kopfschmerz und Übelkeit."
Die neue Schriftstellergeneration wird sowohl von den "Vätern" als auch von den jüngeren Lesern nur schwer verstanden, schreibt die junge
Autorin Zsofia Szilagyi: "Das
Verhältnis der Generationen wird dadurch noch komplexer, dass die in den siebziger Jahren geborenen Autoren durch eine scharfe Grenze von ihren gerade in die Rolle des Lesers hineinwachsenden, in den achtziger Jahren und danach geborenen Lesern getrennt sind: Die in der Kadar-Ära verbrachte Kindheit, die Jahre als Pioniere, die Aufmärsche am Ersten Mai, die Erinnerung daran, dass man Bananen nur unter der Hand bekommen konnte, machen auch den jungen Schriftsteller zu einem
Zeugen einer vergangenen, beinahe
unvorstellbaren Welt."
Weiteres: sehr schöne Fotos über das Budapester Nachtleben von
Marton Vizkelety und ein Überblick über die junge ungarische Literatur mit Erzählungen von
Andras Cserna-Szabo,
Krisztian Grecso und
György Dragoman und Gedichten von
Orsolya Karafiath,
Krisztian Peer und
Janos Terey.